1. A erreichte im Eilverfahren, dass das Protestcamp stattfinden konnte. Im Nachgang möchte er gerichtlich feststellen lassen, dass die „Auflagen“ rechtswidrig waren. Könnte grundsätzlich die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) statthaft sein?
Ja!
Die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) ist statthaft, wenn der Kläger die Feststellung begehrt, dass ein erledigter Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) rechtswidrig gewesen ist. Erledigt sich der Verwaltungsakt vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analoge Anwendung.
A begehrt wörtlich die Feststellung, dass die von der Versammlungsbehörde ausgesprochenen „Auflagen“ (die Beschränkung der Infrastruktur) rechtswidrig gewesen sind. Bei diesen „Auflagen“ handelt es sich um Verwaltungsakte i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG, die sich wegen Zeitablaufs erledigt haben (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Damit kommt grundsätzlich die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO als statthafte Klageart in Betracht.
Achtung: Bei den ausgesprochenen Beschränkungen handelt es sich nicht um Auflagen i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, also Nebenbestimmungen. Nebenbestimmungen sind stets akzessorisch zu einem Hauptverwaltungsakt. Da Versammlungen erlaubnisfrei sind (Art. 8 Abs. 1 GG), liegt bei Versammlungen kein Hauptverwaltungsakt vor. Versammlungsrechtliche Auflagen nach § 15 VersG sind daher keine Nebenbestimmungen, sondern eigenständige Verwaltungsakte.
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2. Soweit eine allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) effektiveren Rechtsschutz bietet und keine Umgehung besonderer Voraussetzungen droht, ist diese anstelle der Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft.
Genau, so ist das!
Die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) ist statthaft, wenn der Kläger die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt. Grundsätzlich ist die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO subsidiär gegenüber Leistungs- und Gestaltungsklagen (wie z.B. die Fortsetzungsfeststellungsklage). Die Feststellungsklage ist aber ausnahmsweise trotz § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO statthaft, wenn eine Umgehung der besonderen Bestimmungen der Gestaltungsklage nicht droht und die Feststellungsklage bezogen auf das tatsächliche Klagebegehren effektiveren Rechtsschutz gewährleistet (RdNr. 42f.). Hier könnte eine Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass auch die Infrastruktur vom Versammlungsbegriff geschützt ist, statthaft sein.
3. Die Feststellungsklage kommt nur dann in Betracht, wenn keine besonderen Bestimmungen einer Gestaltungsklage umgangen werden. Droht hier eine Umgehung der Klagefrist nach § 74 VwGO als besondere Voraussetzung der Fortsetzungsfeststellungsklage?
Nein, das trifft nicht zu!
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) kann nur zulässig sein, wenn die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, zu deren Fortsetzung sie dient, nicht unzulässig war oder gewesen wäre. Auf die Wahrung der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) kommt es bei der Fortsetzungsfeststellungsklage nach h.M. nur an, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt hat.
Hier hat sich der Verwaltungsakt – die Beschränkung der Infrastruktur durch die Versammlungsbehörde – bereits vor Klageerhebung erledigt. A ist daher nicht an die Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO gebunden. Es droht somit keine Umgehung der Klagefrist nach § 74 VwGO als besondere Voraussetzung der Fortsetzungsfeststellungsklage, wenn als statthafte Klageart die Feststellungsklage gewählt wird.
Im Fall der Erledigung des Verwaltungsakts vor Klageerhebung (Fälle des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog) ist umstritten, ob eine Klagefrist zu wahren ist. Die wohl h.M. verneint dies, da bei vorprozessualer Erledigung keine Gründe des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit für eine Fristbindung sprechen.
Es kann in der Klausur hilfreich sein, einen Zeitstrahl anzufertigen, in den Du Erlass- und Erledigungszeitpunkt sowie Zeitpunkt der Klageerhebung einträgst.
4. Im Kern begehrt A die Feststellung, dass es sich bei dem Camp um eine Versammlung handelte. Bietet die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) im Hinblick auf dieses Begehren einen effektiveren Rechtsschutz?
Ja!
Die allgemeine Feststellungsklage ist auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Nichtigkeit eines Verwaltungsakts gerichtet. Mittels der allgemeinen Feststellungsklage kann A das VG unmittelbar feststellen lassen, ob das von ihm behauptete Rechtsverhältnis besteht, nämlich ob es sich bei dem Protestcamp um eine Versammlung handelte. Damit bietet die Feststellungsklage im Vergleich mit einer auf die Rechtmäßigkeit der Verfügungen bezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage wirkungsvolleren Rechtsschutz: Sie ermöglicht es, den die Beteiligten in erster Linie interessierenden versammlungsrechtlichen Schutz des Protestcamps in den Mittelpunkt der Entscheidung zu stellen, unabhängig von der Frage, auf welcher Ermächtigungsgrundlage die Versammlungsbehörde ihre in Rede stehenden Entscheidungen treffen konnte (RdNr. 43). Das VG legt As Klagebegehren wohl auch taktisch in dieser Weise aus, um eine „grundsätzlichere“ Entscheidung treffen zu können, als wenn es nur über die Rechtmäßigkeit der konkreten Einzelmaßnahme entschieden hätte.
5. Somit ist hier die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) die statthafte Klageart.
Genau, so ist das!
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Begehren des Klägers (vgl. § 88 VwGO). Die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) ist statthaft, wenn der Kläger die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt. Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO sind rechtliche Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht.
Streitiges Rechtsverhältnis ist hier die Frage, ob es sich bei As Camp einschließlich seiner Infrastrukturelemente um eine Versammlung i.S.d. Versammlungsgrundrechts (Art. 8 Abs. 1 GG) handelt. In diesem Fall wäre das Camp erlaubnisfrei und nur auf Grundlage und den einschränkenden Voraussetzungen des § 15 VersG beschränkbar. Damit ist die allgemeine Feststellungsklage in Form der positiven Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO) statthaft. Auch steht die Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht entgegen, da hier keine Umgehung besonderer Bestimmungen droht und die Feststellungsklage bezogen auf das tatsächliche Klagebegehren des A effektiveren Rechtsschutz gewährleistet (RdNr. 42f.).
In der Klausur wäre es sicherlich nicht falsch, wenn Du die Fortsetzungsfeststellungsklage als statthafte Klageart wählst. Für die weitere Prüfung macht es keinen großen Unterschied, da Du auch im Rahmen der Prüfung der Fortsetzungsfeststellungsklage inzident die Versammlungseigenschaft prüfen müsstest.
6. Erforderlich ist für die Zulässigkeit der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (sog. Feststellungsinteresse). Genügt bei vergangenen Rechtsverhältnissen jedes beliebige Feststellungsinteresse des Klägers?
Nein, das trifft nicht zu!
Als Feststellungsinteresse i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO ist grundsätzlich jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art anzusehen. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet erscheint, die Rechtsposition des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Bei erledigten, vollständig in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnissen bedarf es jedoch eines qualifizierten Feststellungsinteresses.
Für das qualifizierte Feststellungsinteresse gelten die für die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) anerkannten Fallgruppen:
(1) Wenn abzusehen ist, dass eine gleichartige Maßnahme erneut gegen denselben Betroffenen erlassen wird (Wiederholungsgefahr),
(2) wenn der Verwaltungsakt diskriminierende Wirkung hatte, welche noch andauert, und der durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit wirksam begegnet werden kann (Rehabilitationsinteresse),
(3) wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen nachfolgenden Amtshaftungsprozess erforderlich ist (Präjudizinteresse) oder
(4) wenn ein (schwerer) Grundrechtseingriff durch einen sich typischerweise schnell erledigenden Verwaltungsakt erfolgte.
7. A hat ein qualifiziertes Feststellungsinteresse an der Feststellung, dass es sich bei dem Camp um eine Versammlung handelte.
Ja!
Für das qualifizierte Feststellungsinteresse gelten die für die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) anerkannten Fallgruppen:
(1) Wenn abzusehen ist, dass eine gleichartige Maßnahme erneut gegen denselben Betroffenen erlassen wird (Wiederholungsgefahr),
(2) wenn der Verwaltungsakt diskriminierende Wirkung hatte, welche noch andauert, und der durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit wirksam begegnet werden kann (Rehabilitationsinteresse),
(3) wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen nachfolgenden Amtshaftungsprozess erforderlich ist (Präjudizinteresse) oder
(4) wenn ein (schwerer) Grundrechtseingriff durch einen sich typischerweise schnell erledigenden Verwaltungsakt erfolgte.
Hier kommt ein qualifiziertes Feststellungsinteresse des A unter dem Gesichtspunkt eines gewichtigen und sich kurzfristig erledigenden Grundrechtseingriffs in Betracht. Das BVerwG betont, dass nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit automatisch ein (qualifiziertes) Feststellungsinteresse begründet. Es kommt vielmehr darauf an, ob das Veranstaltungskonzept erheblich beeinträchtigt wurde. Das ist hier durch die zahlenmäßig starke Begrenzung der Infrastruktur der Fall (RdNr. 40).
8. As Feststellungsklage ist im Übrigen zulässig. Kommt es für die Begründetheit maßgeblich darauf an, ob es sich bei dem Camp einschließlich der Infrastruktur um eine Versammlung handelt?
Genau, so ist das!
Die allgemeine Feststellungsklage ist als positive Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO) begründet, wenn das behauptete Rechtsverhältnis besteht.
Das behauptete Rechtsverhältnis zwischen A und der Versammlungsbehörde ist die Frage nach der Versammlungseigenschaft des Camps inklusive der Infrastruktureinrichtungen. As Feststellungsklage ist also begründet, wenn es sich um eine Versammlung handelte, d.h. ein örtliches Zusammenkommen von mindestens zwei Personen zum Zwecke der gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. (RdNr. 55).
Unstreitig sind die geplanten Kundgebungen und Proteste eine Versammlung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 GG. Infrage steht nur, ob auch die infrastrukturellen Einrichtungen wie die Zelte diesem Schutz unterfallen.
Das BVerfG entschied im Eilverfahren, dass die Veranstaltung vorsorglich dem Versammlungsrecht unterstellt wird, da die verfassungsrechtlich ungeklärte Frage, ob auch Infrastrukturelemente dem Versammlungsgrundrecht (Art. 8 Abs. 1 GG) unterfallen, im Hauptsacheverfahren zu klären ist. Daher duldete H das Camp vorerst als Versammlung, obwohl sie die Versammlungseigenschaft bestreitet. Siehe zu der Entscheidung des BVerfG im Eilverfahren diesen Fall. 9. Unter Umständen können auch Infrastruktureinrichtungen wie Schlafzelte Elemente sein, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind und somit dem Schutz von Art. 8 GG unterfallen.
Ja, in der Tat!
Eine infrastrukturelle Einrichtung eines als Versammlung zu beurteilenden Protestcamps unterfällt dem unmittelbaren, durch das Versammlungsgesetz ausgestalteten Schutz durch Art. 8 GG, wenn sie entweder einen inhaltlichen Bezug zu der mit dem Camp bezweckten Meinungskundgabe aufweist oder für das konkrete Camp logistisch erforderlich und ihm räumlich zuzurechnen ist (BVerwG, Urt. v. 24.5.2022, 6 C 9.20).
Ein inhaltlich-symbolischer Bezug von Schlafzelten zur Meinungskundgabe wurde etwa bei einem Camp mit dem Motto „Die Klimakrise nicht verschlafen“ bejaht. Siehe dazu diesen Fall. 10. In Kooperationsgesprächen konnte A keinen nachvollziehbaren inhaltlichen Bezug der Schlafzelte mit der Meinungskundgabe begründen. Spricht das dafür, dass die Zelte dem Schutz von Art. 8 GG unterfallen?
Nein!
Damit Infrastrukturelemente als versammlungsrelevant anzusehen sind, müssen sie entweder einen inhaltlichen Bezug zu der bezweckten Meinungskundgabe aufweisen oder für das konkrete Camp logistisch erforderlich und ihm räumlich zurechenbar sein.
A ist es nicht gelungen, eine inhaltlich-symbolische Verknüpfung zwischen den Schlafzelten und der Meinungskundgabe zu begründen. Es handelt sich bei den Zelten um reine Schlafmöglichkeiten und keine Kundgabeelemente (RdNr. 50).
A brachte später vor, die Zelte sollen symbolisch so angeordnet sein, dass sie aus der Luft gesehen den Schriftzug „#NoG20“ bilden. Dies betraf aber nur einen zahlenmäßig unbeachtlichen Teil der Zelte, sodass dies für eine inhaltliche Verknüpfung der Zelte mit der Meinungskundgabe nicht genügt (RdNr. 51).
Nach dem aufgestellten Maßstab kann die Versammlungsrelevanz sich auch aus einer logistischen Erforderlichkeit ergeben. Auch diese fehlt hier nach der Rechtsprechung (RdNr. 13): Im großstädtischen Umfeld gäbe es genügend Beherbergungskapazitäten für die Demonstranten.
11. Folglich sind die Schlafzelte als reine infrastrukturelle Elemente anzusehen, die versammlungsfremd sind.
Genau, so ist das!
Damit Infrastrukturelemente als versammlungsrelevant anzusehen sind, müssen sie entweder einen inhaltlichen Bezug zu der bezweckten Meinungskundgabe aufweisen oder für das konkrete Camp logistisch erforderlich und ihm räumlich zurechenbar sein.
Die Schlafzelte haben weder einen symbolisch-inhaltlichen Bezug zu der bezweckten Meinungskundgabe anlässlich des G20-Gipfels, noch waren sie für das konkrete Camp logistisch erforderlich. Mithin handelt es sich um versammlungsfremde Elemente, die aus sich heraus nicht dem Schutz von Art. 8 Abs. 1 GG unterfallen.
12. Eine Veranstaltung, die sowohl Elemente enthält, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, kann nie insgesamt eine Versammlung sein.
Nein, das trifft nicht zu!
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG ist die Versammlungseigenschaft einer sog. gemischten Veranstaltung, d.h. einer Veranstaltung die sowohl Elemente enthält, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, nach ihrem Gesamtgepräge zu beurteilen. Sofern die meinungsbildenden Elemente überwiegen, ist die Veranstaltung insgesamt als Versammlung zu bewerten (RdNr. 46). Wenn ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung insgesamt wie eine Versammlung zu behandeln ist (RdNr. 46).
Zu betrachten ist hier folglich das Gesamtgepräge des G20-Protestcamps zwischen versammlungsrelevanten und versammlungsfremden Elementen, wie etwa den Schlafzelten als reine Infrastruktureinrichtungen ohne Bezug zur Meinungskundgabe.
Zu der Bewertung einer gemischten Veranstaltung nach ihrem Gesamtgepräge siehe auch diesen Fall. 13. Die geplanten Kundgebungen und Workshops waren nur für eine viel kleinere Anzahl an Teilnehmenden ausgelegt, als Schlafplätze geplant waren. Spricht das für ein Übergewicht des Beherbergungszwecks?
Ja!
Nachdem wir geprüft haben, dass die Schlafzelte nicht aus sich heraus dem Schutz der Versammlungsfreiheit unterfallen, weil sie keinen Bezug zur Meinungskundgabe haben oder logistisch erforderlich sind, prüfen wir in einem weiteren Schritt nun, ob der Schutz sich ggf. aus dem Gesamtgepräge der Veranstaltung als Versammlung ergibt.
Während die Beherbergungsinfrastruktur mit Zelten, Küchen und Duschen ursprünglich auf 3.000 bis 7.000 Teilnehmende ausgelegt war, standen keine entsprechenden Kapazitäten bei den auf die öffentliche Meinungsbildung und mithin versammlungsrelevanten Elementen (Diskussionen, Vorträge, Workshops) zur Verfügung. Hieraus folgt, dass die Kundgabeelemente deutlich untergeordnet waren und der größte Teil der Fläche des Camps allein der Beherbergung dienen sollte. Die geplante Veranstaltung stellt somit nach ihrem Gesamtgepräge ein „Schlaf- und Versorgungscamp“ dar (RdNr. 59), keine Versammlung.
14. As Feststellungsklage ist begründet.
Nein, das ist nicht der Fall!
Die allgemeine Feststellungsklage in Form der positiven Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO) ist begründet, soweit das behauptete Rechtsverhältnis besteht.
Das streitige Rechtsverhältnis zwischen A und der Versammlungsbehörde war hier die Frage, ob es sich bei dem Camp einschließlich seiner Infrastruktureinrichtungen um eine Versammlung i.S.d. Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) und des VersG handelt. Aufgrund des Gesamtgepräges des Camps, das für ein deutliches Übergewicht der Beherbergung als versammlungsfremdes Element spricht, handelt es sich bei dem Camp hinsichtlich der infrastrukturellen Einrichtungen nicht um eine Versammlung. Das Rechtsverhältnis besteht nicht. Die positive Feststellungsklage ist unbegründet und hat keinen Erfolg.
Mache Dir noch einmal klar, was Du hier geprüft hast: Das Gesamtprotestgeschehen der G20-Gegner ist unstreitig eine Versammlung. Das BVerwG lehnt den Versammlungscharakter allein hinsichtlich des Teils des Camps ab, welches nur der Beherbergung der Teilnehmer diente.