Strafrecht

Strafprozessrecht

Verfahrensgrundsätze (Prozessmaxime)

Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO)

Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) verurteilt. Das Gericht ist überzeugt, A auf einem unscharfen Blitzerfoto anhand seiner Statur, seines Haarschnitts und seiner Brille am Steuer seines KFZ zu erkennen. A rügt, dass er in dem Bild nicht eindeutig zu erkennen sei.

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Einordnung des Falls

Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Darüber, welcher Sachverhalt dem Urteil zugrunde liegt, entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung (§ 261 StPO).

Ja!

Grundlage jeder Sachentscheidung ist der Tathergang, von dem das Gericht überzeugt ist. Gemäß § 261 StPO hat das Gericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung zu entscheiden. Es ist also allein Sache des Tatrichters, das Ergebnis der Beweisaufnahme zu würdigen. Er soll ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen verantwortlich prüfen, ob er mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt überzeugen kann oder nicht.Merke: Der Tatrichter kann weder gehindert werden, mögliche, aber nicht zwingende Folgerungen aus Tatsachen zu ziehen, noch kann ihm vorgeschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen er zu einer bestimmten Folgerung und einer bestimmten Überzeugung kommen muss.
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2. Es lassen sich keine allgemeingültigen Beweisregeln für jeden Einzelfall aufstellen. Soll der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung diesem Umstand Rechnung tragen?

Genau, so ist das!

Die Bedeutung der freien Beweiswürdigung besteht darin, dass der Richter nicht an Beweisregeln gebunden ist, also an gesetzliche Vorschriften über die Wirkung der Beweise und an Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Tatsache als bewiesen anzusehen sei. Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass sich allgemeingültige Regeln, die mit Sicherheit auch im Einzelfall Geltung beanspruchen können, nicht aufstellen lassen, insbesondere, dass sich der Wert eines Beweismittels vielfach nicht rein abstrakt beurteilen lässt.Anders war dies etwa in der Constitutio Criminalis Carolina (CCC), nach der erst „zweier Zeugen Mund die Wahrheit kundtue”, also erst bei Vorliegen von zwei Zeugen die richterliche Überzeugung gegeben sein konnte.Es gibt auch Ausnahmen zu diesem Grundsatz. Dazu aber später mehr.

3. Wegen des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) kann der Angeklagte nicht rügen, wie das Gericht den Inhalt eines Beweismittels verstanden hat.

Ja, in der Tat!

Wenn der Angeklagte die Beweisaufnahme rügt, muss man unterscheiden: Zulässig ist die dem Beweis zugängliche Behauptung, ein Beweisstoff sei außerhalb der Hauptverhandlung gewonnen worden. Denn nach § 261 StPO müssen die Beweise aus dem Inbegriff der Verhandlung stammen. Dagegen ist das Vorbringen, der in der Verhandlung erhobene Beweis habe einen anderen Inhalt gehabt als vom Gericht festgestellt, regelmäßig unzulässig. Keinen Erfolg kann so etwa die Rüge haben, die Aussage eines Zeugen sei anders zu verstehen.Nicht aus dem Inbegriff der Verhandlung erlangt ist die Überzeugung, wenn das Beweismittel nicht in die Verhandlung eingeführt wurde oder trotz eines Beweisverwertungsverbotes verwertet wurde. Dasselbe gilt wenn willkürliche Beweisschlüsse vorliegen, oder solche, die gegen Denkgesetze verstoßen.Achtung: Auch die Berufungsinstanz kontrolliert nicht die richterliche Beweiswürdigung der ersten Instanz, sondern nimmt eine eigene Beweisaufnahme und -würdigung vor.

4. A ist der Ansicht, er sei nicht auf dem Blitzerfoto zu erkennen. Kann A die Beweiswürdigung des Gerichts erfolgreich rügen?

Nein!

Es ist zu unterscheiden zwischen der zulässigen Behauptung, ein Beweisstoff sei außerhalb der Hauptverhandlung gewonnen worden, und dem Vorbringen, der in der Verhandlung erhobene Beweis habe einen anderen Inhalt gehabt.Ohne Erfolg muss deshalb As Rüge bleiben, mit der er aus dem Foto andere mögliche Schlüsse ziehen will als das Gericht. Hier hat das Gericht keine außerhalb der Hauptverhandlung erworbenen Kenntnisse verwertet, sondern ein zulässig eingeführtes Beweismittel seiner Überzeugungsbildung zugrunde gelegt. Auch kommt das Gericht in nachvollziehbarer Weise, nicht willkürlich und ohne Verstoß gegen Denkgesetze zu seinem Schluss. As Rüge hätte also keinen Erfolg.
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