§ 354a Abs. 2 HGB (mit Kreditinstitut)

19. Mai 2025

10 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bank B hat eine hohe Darlehensforderung gegen Unternehmen U. Finanzinvestor F lässt sich die Forderung gegen U trotz entgegenstehender Vereinbarung zwischen B und U abtreten. F droht U: Entweder U zahle die Forderung sofort zurück (=Insolvenz) oder F erhalte Unternehmensanteile von U. ‌

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Einordnung des Falls

§ 354a Abs. 2 HGB (mit Kreditinstitut)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Abtretung kann durch vertragliche Vereinbarung grundsätzlich ausgeschlossen werden (§ 399 Alt. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Die Vertragsparteien können grundsätzlich ein Abtretungsverbot im Hinblick auf die Forderungen aus dem Schuldverhältnis vereinbaren (§ 399 Alt. 2 BGB). Dies verhindert, dass die Forderung an Dritte abgetreten wird.
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2. Ein Abtretungsverbot durch vertragliche Vereinbarung ist stets unwirksam, wenn beide Parteien der abzutretenden Forderung Kaufleute sind (§ 354a Abs. 1 S. 1 HGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Auch im Handelsrecht sind Abtretungsverbote grundsätzlich zu beachten. § 354a HGB weicht hier aber in bestimmten Fällen ab. Demnach kann ein Kaufmann trotz entgegenstehender vertraglicher Vereinbarung eine Forderung zumindest dann abtreten, wenn (1) für beide Parteien (Gläubiger und Schuldner der Forderung) ein Handelsgeschäft vorliegt. Dies setzt voraus, dass beide Parteien Kaufleute sind und ein Geschäft mit Bezug zu ihrem jeweiligen Handelsgewerbe tätigen (§ 343 Abs. 1 HGB). (2) Außerdem muss es sich bei der Abtretung um eine Geldforderung handeln. Lediglich Geldforderungen aus beidseitigen Handelsgeschäften können somit abgetreten werden. Bezüglich sonstiger Forderungen ist ein vereinbartes Abtretungsverbot weiterhin wirksam.

3. Stellt man allein auf die Regelung des § 354a Abs. 1 S. 1 HGB ab, durfte B trotz des vereinbarten Abtretungsverbots die Rückzahlungsforderung an F abtreten.

Ja!

Ein Kaufmann kann grundsätzlich trotz entgegenstehender vertraglicher Vereinbarung eine Forderung abtreten, wenn (1) für beide Parteien (Gläubiger und Schuldner der Forderung) ein Handelsgeschäft vorliegt. (2) Es muss sich bei der Abtretung um eine Geldforderung handeln. B und U sind Kaufleute. Mit dem Abschuss eines Darlehensvertrags haben beide ein Handelsgeschäft getätigt. Es liegt eine Abtretung einer Geldforderung vor. Es besteht auch ein vertragliches Abtretungsverbot zwischen B und U. In einer Klausur müsstest Du sämtliche Voraussetzungen einer wirksamen Abtretung prüfen, nicht nur das Abtretungsverbot. Hier kannst Du Dich aber kurz fassen, wenn der Sachverhalt - wie hier - keine Probleme aufwirft.

4. Nach der Ausnahmevorschrift des § 354a Abs. 2 HGB ist die Abtretung an F im vorliegenden Fall aber unwirksam.

Genau, so ist das!

Die Umgehung eines vertraglich vereinbarten Abtretungsverbotes ist auch im Handelsrecht ausgeschlossen, wenn es (1) um die Abtretung einer Forderung aus einem Darlehensvertrag geht und (2) Gläubiger der Forderung ein Kreditinstitut des Kreditwesensgesetzes (vgl. § 1 KWG) ist.Bank B ist ein Kreditinstitut i.S.d. KWG. Auch handelt es sich bei der abgetretenen Forderung um eine Darlehensforderung. § 354a Abs. 2 HGB greift somit. F ist nicht Eigentümer der Forderung B – U geworden. Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass im Zuge der Finanzkrise (um 2008) Finanzinvestoren gezielt Forderungen abkauften und die Schuldner unter wirtschaftlichen Druck setzen. So wollten sie die Aufnahme in den Gesellschafterkreis des Unternehmens erzwingen. Dies sollte durch die Vorschrift unterbunden werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SI

SimonH

25.4.2025, 13:42:36

§ 399 Var.2 BGB regelt kein

Abtretungsverbot

, sondern (was ihr überwiegend ja auch so bezeichnet) einen Abtretungsausschluss, wie schon der Wortlaut klarstellt. Ein Verbot setzt denknotwendig voraus, dass man dagegen verstoßen kann (und einem dann subsidiär eine Strafe droht). Bei einer Vereinbarung nach § 399 Var.2 BGB ist jedoch eine Abtretung (sofern

§ 354a HGB

nicht greift) gar nicht möglich! Mir ist das im Rahmen meiner Examensvorbereitung für das 1. Examen mal bei einer von einem Prof korrigierten Klausur auf die Füße gefallen. Insofern hat diese kleingeistige Abgrenzung wohl leider durchaus "Examensrelevanz". Spannend in diesem Kontext wäre für mich, ob bei einer wirksamen Vereinbarung nach § 399 Var.2 BGB und einer gleichwohl erfolgten Abtretung, die wegen § 3

54 HGB

a I HGB jedoch wirksam ist, eine

schuld

rechtliche Pflichtverletzung vorliegt (hier wäre die Terminologie: "

Abtretungsverbot

" meines Erachtens dann richtig).

§ 354a HGB

regelt schließlich nur, dass die Abtretung "wirksam" ist, er besagt seinem Wortlaut nach gerade nicht, dass die Vereinbarung eines

Abtretungsverbot

es (in Fällen des §

354a

I HGB ist ein Ausschluss nicht möglich) unzulässig ist. Bsp: A tritt - entgegen wirksamer Vereinbarung - eine bestehende Kaufpreis

schuld

gegen B an C ab. Die Abtretung ist wegen §

354a

I HGB wirksam. Kann B - sofern ihm dadurch irgendein

Schaden

entsteht - von A

Schaden

sersatz nach §§ 280 ff. BGB verlangen wegen der Abtretung?


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