Zivilrechtliche Nebengebiete

Handelsrecht

Allgemeine Regeln für Handelsgeschäfte (§§ 343-372 HGB)

Problem: Verfügungen des Zedenten mit dem Schuldner nach Abtretung

Problem: Verfügungen des Zedenten mit dem Schuldner nach Abtretung

4. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die G-GmbH kauft von der O-OHG 60 Bürostühle. O tritt die Kaufpreisforderung gegen G trotz entgegenstehender Vereinbarung an D ab und informiert G über diese Abtretung. Da G kurz vor der Insolvenz steht, hat O kurz darauf Mitleid mit G. Sie vereinbaren daher, dass der G nur 50 Stühle für einen geringeren Preis erhält. ‌

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Einordnung des Falls

Problem: Verfügungen des Zedenten mit dem Schuldner nach Abtretung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. War die Abtretung der Forderung durch O an D trotz entgegenstehender Vereinbarung wirksam (vgl. § 354a HGB)?

Ja, in der Tat!

Ein Kaufmann kann trotz entgegenstehender vertraglicher Vereinbarung eine Forderung dennoch abtreten, wenn (1) für beide Parteien (Gläubiger und Schuldner der Forderung) ein Handelsgeschäft vorliegt. Dies setzt voraus, dass beide Parteien Kaufleute sind und ein Geschäft mit Bezug zu ihrem Handelsgewerbe tätigen (§ 343 Abs. 1 HGB). (2) Bei der Abtretung muss es sich um eine Geldforderung handeln. G und O sind Kaufleute, die ein Geschäft mit Bezug zu ihrem Handelsgewerbe tätigen. Es handelt sich bei der Kaufpreisforderung um eine Geldforderung. Die Abtretung ist also trotz entgegenstehender Vereinbarung wirksam.
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2. Kann der Schuldner auch nach einer absprachewidrigen Forderungsabtretung im Handelsrecht an den Altgläubiger (Zedent) leisten (§ 354a Abs. 1 S. 2 BGB)?

Ja!

Der Schuldner kann gem. § 354a Abs. 1 S. 2 HGB mit Erfüllungswirkung an den Zedenten leisten. Dies gilt über § 406 BGB hinaus selbst dann, wenn der Schuldner von der Abtretung weiß. ‌

3. Der zwischen O und G abgeschlossene Vergleich stellt eine Verfügung über die bereits abgetretene Forderung dar.

Genau, so ist das!

Eine Verfügung ist jede Aufhebung, Übertragung, Inhaltsänderung oder Belastung eines bestehenden Rechts. Bei einem Vergleich rücken beide Parteien von ihren jeweiligen Extremforderungen (dem Bestehen in voller Höhe) ab. Sie ändern also den Inhalt von bestehenden Forderungen gegeneinander. Hier hat G auf einen Teil der ihm grundsätzlich zustehenden Stühle verzichtet, dafür dass wiederum O auf einen Teil der Kaufpreisforderung gegen G verzichtet. Sie haben also einen Vergleich geschlossen.

4. Kann der Altgläubiger (Zedent) mit seinem ehemaligen Schuldner noch einen Vergleich über die abgetretene Forderung schließen?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Zedent ist nicht mehr Inhaber der Forderung. Er hat über sie nicht die notwendige Verfügungsbefugnis, um mit dem Schuldner Rechtsgeschäfte zu tätigen, die sich auf die Forderung beziehen. Forderungsbezogene Rechtsgeschäfte wie beispielsweise die Verrechnung, Stundung, der Vergleich oder der Erlass sind für den Zedenten nicht mehr möglich. Der Vergleich und der damit verbundene Teilerlass zwischen O und G ist also unwirksam. O konnte G die Forderung nicht teilweise erlassen, da er nicht mehr Inhaber der Forderung gegen G ist. D muss den Vergleich auch nicht nach § 407 Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen, weil G über die Abtretung ordnungsgemäß informiert war.
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