Folgeanspruch bei Leistung an Zedenten aus § 816 Abs. 2 BGB

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die G-GmbH kauft von der O-OHG 60 Bürostühle. O tritt die Kaufpreisforderung gegen G trotz entgegenstehender Vereinbarung an D ab. G denkt, die Abtretung sei unwirksam. Als D Zahlung verlangt, zahlt G deshalb an O. D will weiterhin „sein“ Geld. ‌

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Einordnung des Falls

Folgeanspruch bei Leistung an Zedenten aus § 816 Abs. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. War die Abtretung der Forderung durch O an D trotz entgegenstehender Vereinbarung wirksam (vgl. § 354a HGB)?

Genau, so ist das!

Ein Kaufmann kann trotz entgegenstehender vertraglicher Vereinbarung eine Forderung abtreten, wenn (1) für beide Parteien (Gläubiger und Schuldner der Forderung) ein Handelsgeschäft vorliegt. Dies setzt voraus, dass beide Parteien Kaufleute sind und ein Geschäft mit Bezug zu ihrem Handelsgewerbe tätigen (§ 343 Abs. 1 HGB). (2) Bei der Abtretung muss es sich um eine Geldforderung handeln. G und O sind als Handelsgesellschaften (Form-)Kaufleute (§ 6 Abs. 1 HGB), die ein Geschäft mit Bezug zu ihrem Handelsgewerbe tätigen. Es handelt sich bei der Kaufpreisforderung um eine Geldforderung. Die Abtretung ist also trotz entgegenstehender Vereinbarung wirksam.
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2. Hat D trotz der erfolgten Zahlung der G an O weiterhin einen Zahlungsanspruch gegen G aus § 433 Abs. 2 BGB?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Schuldner kann trotz des Forderungsübergangs immer noch an den Zedenten, also den Alt-Gläubiger, mit befreiender Wirkung leisten kann (§ 354a Abs. 1 S. 2 HGB). Dies gilt entgegen dem Wortlaut des § 407 Abs. 1 BGB selbst bei Kenntnis der Abtretung. Der Schuldner hat ein Wahlrecht, an wen er leisten will. Nur ausnahmsweise kann eine Zahlung an den Zedenten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein, wenn dem Schuldner die Zession offengelegt wird und er kein berechtigtes Interesse hat, an den Zedenten zu leisten (Rechtsmissbrauch). G hat mit befreiender Wirkung an O bezahlt. D hat gegen G keinen Anspruch mehr. Auch § 406 BGB kann den Schuldner in seiner Aufrechnungsbefugnis nach Kenntnis der Abtretung nicht beschränken.

3. Steht D ein Anspruch gegen O aus Leistungskondiktion zu (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB)?

Nein!

Ein Anspruch auf Herausgabe nach Leistungskondiktion besteht, wenn jemand (1) etwas (2) durch Leistung und (3) ohne Rechtsgrund erlangt hat. O hat hier zwar etwas erlangt, nämlich das gezahlte Geld. Dies erfolgte allerdings durch die Leistung des G und nicht des D. Damit steht D kein Anspruch aus Leistungskondiktion zu. Die leistende G kann ebenfalls nicht bei O kondizieren, da die tilgende Wirkung (vgl. § 354a Abs. 1 S. 2 HGB) einen Rechtsgrund darstellt.

4. D steht aber ein Anspruch auf Herausgabe des gezahlten Geldes gegen O aus § 816 Abs. 2 BGB zu.

Genau, so ist das!

§ 816 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchssteller berechtigter Leistungsempfänger ist. (2) Der Anspruchsgegner ist Nichtberechtigter. (3) Es muss eine Leistung an den Nichtberechtigten vorliegen, die (4) gegenüber dem Berechtigten wirksam ist. D war berechtigter Forderungsinhaber der Kaufpreisforderung gegen G. O war nicht (mehr) empfangsberechtigt. In der Zahlung der G an O ist eine Leistung zu sehen. Diese ist gegenüber D wirksam, da G an O leisten durfte (vgl. § 354a Abs. 1 S. 2 HGB). D hat somit einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten von O aus § 816 Abs. 2 BGB.
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