Jede rechtswidrige Tat kann Vortat sein
31. Mai 2025
4 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der 13-Jährige S entwendet eine Flasche Cola aus dem Supermarkt. Als die Polizei - alarmiert vom Ladendetektiv - bei S' Eltern klingelt will S' großer Bruder T (17) ihm helfen. Schnell versteckt er die Flasche in der Gartenlaube.
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Einordnung des Falls
Jede rechtswidrige Tat kann Vortat sein
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat sich wegen Diebstahls strafbar gemacht, indem er die Flasche Cola aus dem Supermarkt entwendete (§ 242 Abs. 1 StGB).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Wortlaut des § 261 StGB erfasst als taugliche Vortaten nur Taten, die auch bestraft werden können.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. T hat die Flasche Cola verborgen (§ 261 Abs. 1 Nr. 1 StGB), indem er sie in der Gartenlaube versteckte.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vincent
21.1.2025, 13:20:29
Fehlt es im vorliegenden Fall nicht am einbringen der illegal erlangten Vermögenswerte in den Wirtschaftskreislauf ?

Simon
7.3.2025, 16:59:08
Geschützte Rechtsgüter der
Geldwäsche sind v.a. die staatliche Rechtspflege sowie das Strafverfolgungsinteresse des Staates. Durch Erhaltung eines sog. paper trails soll den Strafverfolgungs
behörden ermöglicht werden in die Strukturen der organisierten
Kriminalität(oK) vorzudringen. Zudem soll auch die innere Sicherheit geschützt werden, indem Vortäter finanziell isoliert werden, illegale Finanzströme ausgetrocknet und das
Eindringenvon Vermögensgegenständen aus der oK in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf verhindert wird. Allerdings ist § 261 StGB tatbestandlich relativ weit gefasst und keinesfalls auf die oK beschränkt. Daher kann man wohl annehmen, dass auch das durch die Vortat geschützte Gut zu den
Schutzgütern der
Geldwäsche zählt. Zum Ganzen: Krause, in: Leipziger Kommentar StGB, Bd. 13, 13. Aufl. 2022, § 261 Rn. 1 ff. Nachdem hier zumindest die
rechtswidrige Vermögenslage aufrechterhalten wird, dürfte ein unter § 261 StGB geschütztes Rechtsgut betroffen sein.

Leporello
16.5.2025, 09:21:57
Ein sehr schöner Schulfall für den
Geldwäsche – Tatbestand, der gleichzeitig auch zeigt, wie weit der Gesetzgeber über das Ziel hinausgeschossen ist: Vorliegend verfolgt T. erkennbar das Ziel, seinen Bruder vor Strafverfolgung zu schützen. Diese Tat zu Gunsten eines Angehörigen hat der Gesetzgeber bewusst durch das Angehörigenprivileg des § 258 VI StGB von der Strafverfolgung ausgenommen. T. wäre selbst bei einem strafmündigen Geschwister als Vortäter nicht wegen
Strafvereitelungverfolgbar. Die
Geldwäsche hingegen kennt kein Angehörigenprivileg, somit fallen nun auch Konstellationen darunter, die bewusst von der Strafverfolgung ausgenommen wurden. Dies ist ein Wertungswiderspruch, der dringend behoben werden muss.