Öffentliches Recht

Grundrechte

Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 GG)

Reichweite des Schutzes religiöser Betätigungsfreiheit: Wirtschaftliche Betätigung I (Allgemeines Beispiel)

Reichweite des Schutzes religiöser Betätigungsfreiheit: Wirtschaftliche Betätigung I (Allgemeines Beispiel)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Unternehmer U verkauft Selbstfindungskurse. Da sein Geschäft nicht gut läuft, verleiht er den Kursen einen „religiösen Anstrich“. Religionsvertreter beklagen, U verbreite religiöse Falschinformationen und schädige ihre Religion. Ein Gericht verbietet daraufhin Us Kurse.

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Einordnung des Falls

Reichweite des Schutzes religiöser Betätigungsfreiheit: Wirtschaftliche Betätigung I (Allgemeines Beispiel)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Religionsgemeinschaften ist es von vornherein nicht erlaubt, sich wirtschaftlich zu betätigen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die religiöse Betätigungsfreiheit ermöglicht es Individuen, ihr Verhalten gänzlich anhand des eigenen Glaubens auszurichten. Dieses Recht umfasst die glaubensgeleitete wirtschaftliche Betätigung. Eine Religionsgemeinschaft verliert den Schutz der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht allein dadurch, dass sie sich wirtschaftlich betätigt. ‌
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2. Darf die wirtschaftliche Betätigung von Religionsgemeinschaften Hauptzweck ihres Bestehens und Handelns sein?

Nein!

Die religiöse Betätigungsfreiheit ermöglicht es Individuen, ihr Verhalten gänzlich anhand des eigenen Glaubens auszurichten. Dieses Recht umfasst die glaubensgeleitete wirtschaftliche Betätigung, wird jedoch wie folgt eingeschränkt: Es reicht nicht aus, wenn das streitgegenständliche Verhalten nur im äußeren Zusammenhang von religiösem Handeln oder bei dessen Gelegenheit stattfindet. Vielmehr muss die Religion das Hauptgepräge geben, die wirtschaftliche Betätigung darf hingegen nur Nebenzweck des Handelns sein.

3. Us Unternehmen betätigt sich bislang rein wirtschaftlich. Kann Us Unternehmen zu einer Religionsgemeinschaft werden, indem U es selbst als solches definiert?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die religiöse Betätigungsfreiheit umfasst die glaubensgeleitete wirtschaftliche Betätigung. Relevant ist dabei, dass die wirtschaftliche Betätigung religiös motiviert erfolgt. Die Religion darf dabei nicht nur Vorwand für die wirtschaftliche Betätigung sein. Sie muss vielmehr das Hauptgepräge geben, die wirtschaftliche Betätigung darf hingegen nur Nebenzweck des Handelns sein. Us rein wirtschaftliche Betätigung – das Angebot von Selbstfindungskursen gegen Geld – kann nicht dadurch zur Religionsgemeinschaft bzw. zur religiösen Tätigkeit werden, dass U sie selbst als solche definiert. Allein dadurch, dass U seine primär auf wirtschaftlichen Gewinn abzielenden Kurse „religiös einkleidet“, wird ihm und seinem Unternehmen nicht der Schutz der Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) zuteil.
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