Beteiligten- und Prozessfähigkeit

22. Februar 2025

4,3(717 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A will ein Zeichen gegen die steigenden Bierpreise setzen und plant deshalb eine Demonstration vor dem Münchner Rathaus, die er ordnungsgemäß bei der Stadt München (M) anmeldet. M verbietet die Durchführung der Demonstration. A will gegen das Verbot vorgehen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Beteiligten- und Prozessfähigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Widerspruch und Anfechtungsklage entfalten grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Enthält Art. 25 BayVersG eine Ausnahme von diesem Grundsatz?

Genau, so ist das!

Art. 25 BayVersG ist eine Ausnahmeregelung i.S.v. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, die anordnet, dass Klagen gegen Maßnahmen nach dem BayVersG keine aufschiebende Wirkung haben. M hat die geplante Versammlung des A nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG verboten. Nach Art. 25 BayVersG entfaltet eine Klage gegen diese Maßnahme keine aufschiebende Wirkung. Ähnliche Regelungen wie Art. 25 BayVersG finden sich auch in anderen Versammlungsgesetzen, z.B. in Hessen (§ 14 Abs. 6 S. 2 HVersFG), Sachsen (§ 28 SächsVersG) oder Schleswig-Holstein (§ 13 Abs. 6 S. 2 VersFG SH). Wenn ein Land kein eigenes Versammlungsrecht hat, gilt das Versammlungsrecht des Bundes.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Ist A vorliegend antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)?

Ja, in der Tat!

Es kommt darauf an, ob der Antragsteller die tatsächliche Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts geltend machen kann (sog. Möglichkeitstheorie). Die Rechtsverletzung darf nicht offensichtlich von vornherein ausgeschlossen sein. Eine Verletzung des A in seiner Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG erscheint durch den Vollzug des Versammlungsverbots möglich. Zudem kann er sich als Adressat des belastenden Verwaltungsakts zumindest auf die Möglichkeit der Verletzung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen (sog. Adressatentheorie).

3. § 80 Abs. 5 VwGO enthält eine spezielle Regelung der Beteiligungs- und Prozessfähigkeit im einstweiligen Rechtsschutz.

Nein!

§§ 61, 62 VwGO regeln die Beteiligungs- und Prozessfähigkeit im Verwaltungsprozess. Diese Normen gelten – mangels speziellerer Vorschriften – auch für das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz. Die Beteiligungs- und Prozessfähigkeit richtet sich nach dem Hauptsacheverfahren. Im Gegensatz zu § 42 Abs. 2 VwGO analog (Antragsbefugnis) oder zu § 78 VwGO analog (richtiger Antragsgegner) musst Du §§ 61, 62 VwGO im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nicht analog anwenden. Diese Normen stehen im 7. Abschnitt der VwGO („allgemeine Verfahrensvorschriften”) und gelten somit auch (direkt) im vorläufigen Rechtsschutz.

4. Ist A beteiligungs- und prozessfähig (§§ 61, 62 VwGO)?

Genau, so ist das!

Die Beteilgungs- und Prozessfähigkeit richtet sich sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 61, 62 VwGO. Antragsteller A ist als natürliche Person gemäß § 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO beteiligungsfähig. Seine Prozessfähigkeit ergibt sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. §§ 104 ff. BGB. Achte darauf, dass du im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes von Antragsteller und Antragsgegner sprichst, nicht von Kläger und Beklagtem!

5. Ist M beteiligungs- und prozessfähig (§§ 61, 62 VwGO)?

Ja, in der Tat!

Die Beteilgungs- und Prozessfähigkeit richtet sich sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 61, 62 VwGO. M ist als Körperschaft des öffentliches Rechts gemäß § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO i.Vm. Art. 1 S. 1 Hs. 1 GO beteiligungsfähig. Bezüglich der Prozessfähigkeit ist zu beachten, dass M als juristische Person nicht selbst handeln kann, sondern vertreten werden muss. Im vorliegenden Fall wird sie durch den Bürgermeister nach Art. 38 Abs. 1 S. 1, Art. 34 Abs. 1 S. 2 GO vertreten. Der Begriff der „Vereinigung” in § 62 Abs. 3 Alt. 1 VwGO wird weiter ausgelegt als in § 61 Nr. 2 VwGO und umfasst auch juristische Personen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen