Gesetzliche Ausnahme: Verfahrensfreie Baumaßnahmen

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Schnösel S hält nichts von der Baubehörde und ihrer Arbeitsweise und möchte sich deswegen auch nicht weiter mit ihr beschäftigen. Er entscheidet sich daher, zunächst einen Swimmingpool mit 100 m³ Beckeninhalt auf dem Seegrundstück zu errichten.

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Einordnung des Falls

Gesetzliche Ausnahme: Verfahrensfreie Baumaßnahmen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich sind alle Baumaßnahmen genehmigungsbedürftig (§ 59 Abs. 1 NBauO). Von diesem Grundsatz gibt es keine Ausnahmen.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 59 Abs. 1 NBauO bedürfen Baumaßnahmen der Baugenehmigung, soweit sich aus der NBauO nichts anderes ergibt. Ohne ein bauordnungsrechtliches Verfahren dürfen insbesondere solche Bauvorhaben ausgeführt werden, die von geringer Bedeutung sind. Dazu gehören die in § 60 Abs. 1 S. 1 NBauO genannten verfahrensfreien Baumaßnahmen. Verfahrensfrei meint in bauordnungsrechtlicher Hinsicht, dass ein Verfahren nicht erforderlich ist. Die maßgeblichen Vorhaben können daher formell nicht baurechtswidrig sein.Stellt der Bauherr trotz Verfahrensfreiheit einen Bauantrag, so wäre dieser unzulässig und müsste zurückgewiesen werden. Der Bauherr ist für die materielle Legalität des Vorhabens selbst verantwortlich (vgl. § 59 Abs. 3 S. 1 NBauO).
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2. Pools sind im Anhang der NBauO nicht geregelt, sodass diese grundsätzlich genehmigungsbedürftig sind.

Nein!

Gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 NBauO dürfen die im Anhang genannten (Anhang NBauO) baulichen Anlagen ohne Baugenehmigung errichtet werden. Dabei handelt es sich um einen umfassenden Katalog von verfahrensfreien Vorhaben, der abschließend geregelt ist. Wasserbecken sind in 9.6 des Anhangs der NBauO geregelt und bis zu einem Volumen von 100 m³ verfahrensfrei.

3. Der von S geplante Pool ist wegen der Regelung in 9.6. Anhang NBauO verfahrensfrei und darf ohne Baugenehmigung errichtet werden.

Genau, so ist das!

Gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 NBauO dürfen die im Anhang genannten (Anhang NBauO) baulichen Anlagen in dem dort festgelegten Umfang ohne Baugenehmigung errichtet werden. Schwimmbecken dürfen bis zu einem Volumen von 100 m³ verfahrensfrei errichtet werden, sodass der hier geplante Pool unter den Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 S. 1 NBauO fällt.Die lange Dauer des Baugenehmigungsverfahrens ist Grund und Anlass dafür, dass der Katalog der verfahrensfreien Vorhaben (Anhang NBauO) immer wieder verlängert wird.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BR

brrrap

5.6.2024, 10:05:59

Da es sich um ein Seegrundstück handelt, wäre ich davon ausgegangen, dass dieses sich im Außenbereich befindet, sodass nach Nr. 9.6 des Anhangs zu § 60 I NBauO gelten würde, dass der Pool nur als Nebenanlage zu einem maximal 50m entfernten Gebäude mit Aufenthaltsräumen genehmigungsfrei wäre. Ich würde daher empfehlen entweder klarzustellen, dass sich das Grundstück im Innenbereich (oder im Geltungsbereich eines B-Plans) befindet oder, dass eben ein entsprechendes Gebäude daneben steht.


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