Öffentliches Recht
Staatsorganisations-Recht
Wahlen und Wahlrechtsgrundsätze
„Familienwahlrecht“ (Abschlussfall Wahlrechtsgrundsätze)
„Familienwahlrecht“ (Abschlussfall Wahlrechtsgrundsätze)
14. Juli 2025
5 Kommentare
4,8 ★ (18.809 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Um die Bedürfnisse junger Menschen politisch stärker zu berücksichtigen, diskutiert der Bundestag über die Einführung eines „Familienwahlrechts“. Danach soll jeder von Geburt an aktiv wahlberechtigt sein. Die Sorgeberechtigten sollen das Wahlrecht bis zur Volljährigkeit für sie ausüben, wobei sie ohne und gegen den Willen des Minderjährigen entscheiden können.
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Einordnung des Falls
„Familienwahlrecht“ (Abschlussfall Wahlrechtsgrundsätze)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine einfachgesetzliche Einführung des aktiven Wahlrechts von Geburt an würde zunächst gegen Art. 38 Abs. 2 S. 1 GG verstoßen.
Ja!
2. Dass die Sorgerechtsberechtigten das Wahlrecht für den Minderjährigen ausüben sollen, ist unproblematisch mit der Verfassung vereinbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Unmittelbarkeit der Wahl verbietet ein „Dazwischentreten“ Dritter bei der Ausübung des aktiven Wahlrechts. Ist dieser Grundsatz durch die „treuhänderische“ Ausübung des Wahlrechts beeinträchtigt?
Ja, in der Tat!
4. Die Beeinträchtigung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Wahl kann durch jeden einfachen Grund gerechtfertigt sein.
Nein!
5. Dass die Sorgeberechtigten das Wahlrecht des Minderjährigen ohne dessen Willen ausüben können, verstößt zudem gegen die Freiheit der Wahl.
Genau, so ist das!
6. Weiterhin kommt ein Verstoß gegen die Gleichheit der Wahl in Betracht. Dafür müsste das „Familienwahlrecht“ den Zähl- oder Erfolgswert der abgegebenen Stimme beeinträchtigen.
Ja, in der Tat!
7. Schließlich könnte die Geheimheit der Wahl verletzt sein. Diese schützt jedoch nur die Preisgabe der Wahlentscheidung gegenüber dem Staat.
Nein!
8. Das geplante gesetzliche Vorhaben ist insgesamt mit der Verfassung vereinbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
benjaminmeister
11.11.2024, 09:21:22
Lob muss sein, wirklich tolle Aufgabe!

Linne Hempel
13.11.2024, 10:49:23
Hallo benjaminmeister, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team
Lt. Maverick
1.6.2025, 14:36:47
Hinsichtlich der
Gleichheit der Wahlverstehe ich zwar den Ansatz bzgl. des Zähl- und Erfolgswerts, wenn man auf das Kind als solches abstellt. Das Kind stellt aber insoweit einen „verlängerten Arm“ des gesetzlichen Vertreters dar. Auch wenn man eine treuhänderische Bindung annimmt, stellt sich dies schon als zweifelhaft hinsichtlich der politischen Willensbildung von Kleinkindern dar. Wem die Einsichtsfähigkeit fehlt, der kann erst recht keinen politischen Willen bilden, dem die Eltern bei der Wahl Rechnung tragen könnten. Das bedeutet, dass die Eltern grundsätzlich nach ihrem politischen Wille, wenn auch im Sinne des Kindes, wählen würden, wodurch gerade kinderreiche Eltern einen höheren Zählwert hätten, wenn die Stimmabgabe ihren eigenen politischen Willen abbildet. Zwar hat nicht der Einzelne einen höheren Zählwert, aber kumulativ betrachtet hätten Familien mit minderjährigen Kindern einen höheren Zählwert, wenn die eigene Stimme lediglich dem Kind zugerechnet wird.