Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeine Grundrechtslehren

Grundfall: Teilhaberechtliche Dimension

Grundfall: Teilhaberechtliche Dimension

30. Juni 2025

6 Kommentare

4,7(31.494 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Holz-Sägewerke A und B befinden sich in einer gleichermaßen schwierigen wirtschaftlichen Lage und sind zudem gleich groß und gleich strukturiert. Land L gewährt A eine Beihilfe, B nicht. B findet das unfair.

Diesen Fall lösen 83,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Grundfall: Teilhaberechtliche Dimension

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B muss sich gegenüber Land L auf seine grundrechtlichen Abwehrrechte berufen, ihm ebenfalls eine Beihilfe zu gewähren.

Nein, das trifft nicht zu!

Abwehrrechte sorgen dafür, dass die Freiheit der Bürger vor Eingriffen des Staats gesichert ist und der Staat es unterlässt, Eingriffe ohne entsprechende verfassungsrechtliche Rechtfertigung vorzunehmen. Kern von Bs Begehren ist hier kein Unterlassen, vielmehr möchte er die gleiche Beihilfe wie A erhalten. Sich gegenüber L auf grundrechtliche Abwehrrechte zu berufen, ist daher für B wenig hilfreich, um die gewünschte Beihilfe im Gleichlauf mit A zu erhalten.
Öffentliches Recht-Wissen in 5min testen
Teste mit Jurafuchs kostenlos dein Öffentliches Recht-Wissen in nur 5 Minuten.

2. Grundrechte können auch Teilhaberechte enthalten.

Ja!

Die in Grundrechten enthaltenen Teilhaberechte (oder sog. derivative Leistungsrechte) greifen dann, wenn der Staat anderen Bürgern gewisse Leistungen bereits gewährt hat. Der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) verpflichtet den Staat nämlich dazu, verschiedene Anspruchsteller nicht ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln und sie so von einer staatlichen Leistung auszuschließen, die der Staat in Form von Einrichtungen bzw. Förderungs- und Leistungssystemen zum Grundrechtsgebrauch geschaffen hat. Aus der Herleitung wird bereits ersichtlich, dass Teilhaberechte eng verwandt sind mit der leistungsrechtlichen und der gleichheitsrechtlichen Dimension der Grundrechte.

3. B könnte ein Anspruch auf Beihilfezahlung unter Berufung auf seine Teilhaberechte zustehen.

Genau, so ist das!

Teilhaberechte (oder sog. derivative Leistungsrechte) greifen dann, wenn der Staat anderen Bürgern gewisse Leistungen bereits gewährt hat. Er ist dazu verpflichtet, verschiedene Anspruchsteller nicht ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln und sie so von einer staatlichen Leistung auszuschließen, die er in Form von Einrichtungen bzw. Förderungs- und Leistungssystemen zum Grundrechtsgebrauch geschaffen hat. B könnte ein Anspruch auf Beihilfezahlung unter Berufung auf seine Teilhaberechte zustehen, wenn es sich bei der Beihilfe um ein staatlich geschaffenes Leistungssystem handelt, dessen Vorteile bereits seinem Konkurrenten A zugeflossen sind. Ein offensichtlicher sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich.

4. Bürger können sich absolut und uneingeschränkt auf ihre Teilhaberechte berufen.

Nein, das trifft nicht zu!

Hat der Staat Einrichtungen oder Förderungs- und Leistungssysteme zur Sicherstellung des Grundrechtsgebrauchs geschaffen, liegt der Grundrechtsschutz in der Teilhabe (derivative Leistungsrechte). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Staat jedem Bürger uneingeschränkt Teilhabe gewährleisten muss. Vielmehr soll eine chancen- und qualifikationsgleiche Anspruchszuteilung gewährleistet sein. Das bedeutet: bei der Teilhabe an staatlich geschaffenen Leistungssystemen soll es fair zugehen! Neben derivativen Leistungsrechten gibt es originäre Leistungsrechte, deren Anspruch sich aus dem Wortlaut des Grundrechts selbst ergibt. Sie verpflichten den Staat unabhängig davon, ob die begehrte Leistung bereits existiert.
Dein digitaler Tutor für Jura
Öffentliches Recht-Wissen testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

David

David

26.4.2025, 17:19:46

Vielleicht habe ich etwas übersehen, aber ich kann aus den Antworten nicht erkennen, wie der Fall letztlich gelöst wird. Steht B ein Anspruch auf Beihilfe zu oder nicht?

Toniaaa

Toniaaa

21.5.2025, 16:30:06

Ich frage mich auch, wie man so ein

derivatives Teilhaberecht

prüft? 🙈

BECCA

Becca_la

19.6.2025, 11:17:37

Ich glaube hier ging es nur darum, den Unterschied zwischen einem "direkten Anspruch" wie aus Art. 6 V GG als originäres Leistungsrecht und den Derivaten Leistungsrechten deutlich zu machen, die sich meistens dann aus Art. 3 I GG und ggf. der Selbstbindung d. Verwaltung auf Gleichbehandlung ergeben. Zum

Art. 3 GG

gibt es ja einen separaten Bereich. Der Kläger müsste sich hier dann darauf berufen, dass Gleiches ungleich behandelt wurde und ihm eine Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG zustehen würde, sofern die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist. @[Toniaaa](228915) die Ungleichbehandlung stellt dann meine ich den Eingriff dar und in der Rechtfertigung geht man dann darauf ein, ob ein zulässiges Differenzierungsziel und -kriterium für die Ungleichbehandlung vorlag. das ähnelt eig der Verhältnisnmäßigkeit. Also ob ein sachliche Grund vorlag warum ungleich behandelt wurde und ob es nicht willkürlich war (Willkürformel & Neue Formel).

BL

Blotgrim

23.6.2025, 00:48:29

Dem würde ich mich anschließen. Der Sachverhalt gibt zu wenig Infos um zu sagen ob die Ungleichbehandlung wirklich unfair ist. Wenn man jetzt nur den Fall sind wäre sie das natürlich nicht da dem B ohne jede Begründung die Subvention verwehrt wird obwohl er die gleichen Voraussetzungen hat wie A, aber in einem Fall hat man ja in der Regel mehr Informationen


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Öffentliches Recht-Wissen testen