+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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E hat einen Anspruch gegen B auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB). Da E keinen Streit mit B will, erklärt sie, auf diesen Anspruch „verzichten“ zu wollen. Als E plötzlich doch den Anspruch aus § 894 BGB gegenüber B geltend macht, wendet diese ein, dass der Anspruch aufgrund Verzichts erloschen sei.

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Einordnung des Falls

Verzicht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Anspruchsinhaber kann grundsätzlich auf Ansprüche verzichten (vgl. § 397 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Ein Anspruchsinhaber kann in materiell-rechtlicher Hinsicht dadurch auf einen Anspruch verzichten, dass er dem Schuldner die Schuld durch Vertrag erlässt (§ 397 Abs. 1 BGB). Dadurch erlischt das Schuldverhältnis. Diese Norm aus dem allgemeinen Schuldrecht ist aber nicht ohne Weiteres auf dingliche Ansprüche anwendbar.
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2. E hat gegen B einen dinglichen Berichtigungsanspruch (§ 894 BGB). Kann E auf diesen nach § 397 BGB verzichten?

Nein, das trifft nicht zu!

Da auf den dinglichen Anspruch des § 894 BGB nicht ohne weiteres das allgemeine Schuldrecht angewendet werden kann, ist ein materiell-rechtlicher Verzicht mit Wirkung des § 397 BGB nicht möglich. Unter Umständen kann eine Auslegung oder Umdeutung eines solchen „Verzichts“ allerdings eine dingliche Einigung ergeben, die zur Richtigkeit des Grundbuchs führt (z.B. Eigentumsübergang auf den Buchberechtigten, wobei aber § 925 BGB zu beachten ist). Andernfalls käme allenfalls eine schuldrechtliche Vereinbarung im Sinne eines „pactum de non petendo“ in Betracht (d.h. beidseitige Vereinbarung, aus einem Anspruch keine Forderungen zu erheben). Beachte: Ein prozessualer Verzicht auf das Klagerecht iSd. § 306 ZPO ist hingegen möglich.

3. Es Erklärung kann nicht dahingehend umgedeutet werden, dass sie B das Eigentum an dem Grundstück übertragen will (§§ 925, 873 BGB). Besteht Es Anspruch aus § 894 weiterhin und ist durchsetzbar?

Ja!

Ein Verzicht auf den dinglichen Anspruch aus § 894 BGB nach § 397 BGB ist nicht möglich. Eine entsprechende Erklärung aber unter Umständen in eine dingliche Einigung bzgl. des Eigentümerübergangs umgedeutet werden. Zu beachten ist jedoch, dass die Voraussetzungen aus §§ 925, 873 BGB vorliegen müssen. Gerade bei der heiklen Frage, ob sich die Parteien über den Übergang des Eigentums geeinigt haben, solltest Du eine entsprechende konkludente Erklärung nicht zu schnell annehmen. E wollte lediglich keinen Streit und hat deswegen gegenüber B erklärt, ihren Anspruch aus § 894 BGB nicht geltend machen zu wollen. Es ist nicht ersichtlich, dass E das Eigentum an dem Grundstück auf B übertragen wollte. Zudem fehlt es an einer Auflassung nach § 925 BGB. E hat als materiell-berechtigte Eigentümerin weiterhin einen Anspruch aus § 894 BGB gegen B. B kann E auch nicht die Einrede des Verzichts entgegenhalten.
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