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Anforderungen an die Untersagung einer Altkleidersammlung (BVerwG, Urt. v. 08.07.2020 - 7 C 30/18)

Anforderungen an die Untersagung einer Altkleidersammlung (BVerwG, Urt. v. 08.07.2020 - 7 C 30/18)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist gewerbliche Altkleidersammlerin in Gemeinde B und zeigt B dies an. B untersagt A die Sammlung, da sie dem öffentlichen Interesse widerspreche: Sie beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung von Bs eigenem öffentlichem Entsorgungsträger.

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Einordnung des Falls

Anforderungen an die Untersagung einer Altkleidersammlung (BVerwG, Urt. v. 08.07.2020 - 7 C 30/18)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A wendet sich gerichtlich gegen die Untersagung. Ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft?

Ja!

Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts begehrt (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Ein Verwaltungsakt ist nach § 35 S. 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Außenwirkung trifft. A begehrt die Aufhebung der Untersagung ihrer gewerblichen Altkleidersammlung durch B. Mangels Genehmigungspflicht des gewerblichen Sammelns von Altkleidern begehrt A auch nicht die Erteilung einer Genehmigung, für die die Verpflichtungsklage statthaft wäre. Bei der Untersagung handelt es sich um ein behördliches Verbot, also um einen (Dauer-)Verwaltungsakt. Für dessen Aufhebung ist die Anfechtungsklage statthaft. Das gewerbliche Sammeln von Abfällen ist nach dem einschlägigen Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine Tätigkeit, die einer Anzeigepflicht unterliegt (§ 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG) und unter bestimmten Voraussetzungen zu untersagen ist (§ 18 Abs. 5 S. 2 KrWG), die aber keiner Genehmigung bedarf. Auch Altkleider sind nach dem Kreislaufwirtschaftsrecht als Abfälle zu qualifizieren (vgl. § 3 Abs. 1 KrWG). Das BVerwG hat die Zulässigkeit der Klage überhaupt nicht adressiert. In der Zulässigkeit einer einfachen Anfechtungsklage wird auch nie der Klausurschwerpunkt liegen. Halte Dich hier kurz, grenze in der Statthaftigkeit kurz zur Verpflichtungsklage ab und komm schnell zu den Schwerpunkten in der Begründetheit!
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2. As Klage ist begründet, wenn die Bs Untersagung der Altkleidersammlung durch A rechtswidrig ist und A in ihren subjektiven Rechten verletzt.

Genau, so ist das!

Mit der Anfechtungsklage begehrt der Kläger die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts. Er wird dann aufgehoben, wenn er (objektiv) rechtswidrig ist und (subjektiv) den Kläger in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Rechtswidrigkeit kann sich daraus ergeben, dass der Verwaltungsakt nicht auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht oder formell und/ oder materiell fehlerhaft ist. Bei der formellen Rechtmäßigkeit musst Du Zuständigkeit, Verfahren und Form prüfen, aber nur ganz knapp, sofern dort keine Probleme liegen. Materiellrechtlich prüfst Du, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vorliegen und ob die Behörde die richtige Rechtsfolge gewählt hat. Im Originalfall war die formelle Rechtmäßigkeit unproblematisch gegeben. Es kam innerhalb der materiellen Rechtmäßigkeit allein darauf an, ob B für die Untersagung eine Rechtsgrundlage hatte. In Betracht kam zunächst § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG. Die Vorschrift enthält einen Untersagungsgrund für gewerbliche Sammlung für den Fall, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse der Sammlung entgegensteht, wie z.B. die Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlichen Entsorgungsträgers.

3. Die Gemeinde darf als zuständige Behörde die gewerbliche Altkleidersammlung untersagen, wenn die gewerbliche Sammlung die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet.

Ja, in der Tat!

Die Ermächtigungsgrundlage für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung für den Fall, dass durch die gewerbliche Sammlung die Funktionsfähigkeit eines öffentlich-rechtlichen Entsorgers gefährdet wird, findet sich in § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, soweit überwiegende öffentliche Interessen der gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen (§ 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG) stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet (§ 17 Abs. 3 S. 1 KrWG). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist anzunehmen, wenn die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 KrWG). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe eine Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG).   Klausuren, in denen Normen aus eher unbekannten Gesetzen wie dem KrWG im Vordergrund stehen, sind bei Prüfungsämtern beliebt, weil dadurch Dein juristisches Handwerkszeug abgeprüft wird. In einem solchen Fall kann ein erster Schwerpunkt der Begründetheit darauf liegen, dass Du die Ermächtigungsgrundlage aus dem Dir nicht vertrauten Gesetz sauber herausarbeitest.

4. Muss B im gerichtlichen Verfahren beweisen, dass die gewerbliche Sammlung durch A die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von B gefährdet?

Nein!

Das überwiegende Interesse, hier die Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgers, ist eine widerlegliche gesetzliche Regelvermutung (RdNr. 11). Es wird also grundsätzlich angenommen, dass gewerbliche Altkleidersammlungen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beeinträchtigt. Dies führt aber nicht automatisch zu einer Beeinträchtigung des in § 17 Abs. 3 KrWG normierten öffentlichen Interesses. BVerwG: Die Planungssicherheit und Organisationshoheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgers ist (erst) dann beeinträchtigt, wenn es aufgrund der gewerblichen Altkleidersammlung zu erheblichen Rückgängen bei den öffentlich-rechtlich gesammelten Altkleidern kommt (RdNr. 13). Das BVerwG generalisiert, dass Veränderungen der öffentlich-rechtlichen Sammelmenge von maximal 10-15% unbeachtlich sind (sog. Irrelevanzschwelle); erst wenn diese Sammelmenge überschritten wird, ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse der Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgers gefährdet ist. A kann also die Vermutung der Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses widerlegen, indem sie darlegt, dass ihre Sammelmenge die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Versorgers nicht um mehr als 15% verändert und deshalb irrelevant ist. Gelingt ihr das nicht, bleibt es ohne Einzelfallprüfung bei der Regelvermutung (RdNr. 13).

5. Bei der Berechnung, wie sich die öffentlich-rechtliche Sammelmenge durch As Marktzutritt verändert, ist nicht allein As Altkleidersammlung zu beachten, sondern ihr Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen.

Genau, so ist das!

Für die Ermittlung, ob dem Marktzutritt eines gewerblichen Sammlers ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht, kommt es darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Entsorger seine Entsorgungsstrukturen wesentlich umgestalten muss. Dabei kommt es – wie § 17 Abs. 3 S. 1 KrWG ausdrücklich normiert – auf ein Zusammenwirken aller gewerblichen und privaten Entsorgungsunternehmen an, soweit ihre Sammelmengen so groß sind, dass sie in die Betrachtung mit einzubeziehen sind. Folglich kommt es nicht darauf an, ob allein As Sammelmenge unterhalb der Irrelevanzschwelle bleibt, sondern ob die Sammlungen von A und allen anderen relevanten Sammlern, die nicht der B angehören, weniger als 10-15% der Gesamtsammelmenge ausmachen. Nur so kann einheitlich beurteilt werden, ob B ihre Entsorgungsstrukturen umgestalten muss.

6. B verweist darauf, dass im Sammlungsgebiet auch weitere gewerbliche Altkleidersammler tätig seien, auch wenn diese seit Jahren keine Sammlung mehr vorgenommen haben. Sind solche gewerbliche Altkleidersammler ebenfalls in die Gesamtbetrachtung der Sammelmenge mit einzubeziehen?

Nein, das trifft nicht zu!

Jahrelange, rechtlich nicht erzwungene Untätigkeit eines gewerblichen Sammlers führt zur Irrelevanz dieser angezeigten Sammlung. Sie ist nicht in die Gesamtbetrachtung mit aufzunehmen. Grund dafür sei, dass es sich nicht mehr um ein „Zusammenwirken“ der jeweiligen gewerblichen Sammelmengen handele, wenn es nahe liege, dass der konkrete Sammler von seinem Sammlungsvorhaben Abstand genommen hat (RdNr. 14). Auf eine solche rein potenzielle Sammlung sei keine Rücksicht mehr zu nehmen. Etwas anderes gilt für gewerbliche Altkleidersammler, denen eine sofort vollziehbare Untersagungsverfügung (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO) erteilt wurde. Solche Sammler sind trotzdem in die Gesamtsammelmenge mit einzubeziehen. Denn bei der Verteilung der Sammel-Ressourcen müsse jede angezeigte Sammlung beachtet werden für den Fall, dass die Untersagungsverfügung gerichtlich kassiert wird (RdNr. 14). Solche Sammler sind erst dann nicht mehr zu berücksichtigen, wenn die Untersagung durch ein rechtskräftiges Urteil bestandskräftig und deshalb die angezeigte Sammelmenge niemals realisiert wird (RdNr. 14).

7. Zur Bestimmung, ob As Marktzutritt die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgers von B beeinträchtigt, ist As Sammelmenge schlicht der Sammelmenge der anderen gewerblichen Sammler hinzuzuaddieren.

Nein!

Eine neu hinzutretende gewerbliche Sammlung geht nicht nur zu Lasten des öffentlich-rechtlichen Sammlers, sondern zulasten aller Sammlungen am Markt, also auch der bereits bestehenden gewerblichen Sammlungen. As Marktzutritt stellt Konkurrenz für alle Altkleidersammlungen dar, egal ob diese gewerblich oder öffentlich-rechtlich sind. Es sei fernliegend, dass Privatpersonen das Entsorgungsangebot der B bewusst umgehen wollen und daher lediglich vom öffentlichen Entsorger B zum privaten Sammler A abwandern. A stelle genauso Konkurrenz zu den anderen gewerblichen Entsorgern dar, von denen Privatpersonen zu A abwandern könnten (RdNr. 15). As prognostizierte Sammelmenge kann also nicht lediglich der bereits bestehenden gewerblichen Sammelmenge zugeschlagen werden. Es bedarf einer konkreten Betrachtung der tatsächlichen Entsorgungsstrukturen und einer Ermittlung der Sammelmenge, die A der B tatsächlich entziehen wird (RdNr. 17). Im Originalurteil folgen jetzt lange Teile komplizierter Berechnungen, welchen Marktanteil A und B jeweils haben und wie viele Tonnen Altkleider A der B entzieht. Dies würde Dir im Sachverhalt vorgegeben. Im Ergebnis ist As Sammelmenge zu gering (RdNr. 19), um die Funktionsfähigkeit von Bs Entsorger zu gefährden. Deshalb greift der Versagungsgrund von § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG greift nicht durch.

8. Wegen einer zu geringen Sammelmenge gefährdet As gewerbliche Sammlung die Funktionsfähigkeit von Bs Entsorger nicht. Muss die Behörde die gewerbliche Sammlung gleichwohl untersagen, wenn der gewerbliche Sammler unzuverlässig ist?

Genau, so ist das!

Gemäß § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 KrWG hat die zuständige Behörde die gewerbliche Sammlung zu untersagen, wenn aufgrund von Tatsachen Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des gewerblichen Sammlers bestehen. Dabei bestimmt sich der unbestimmte Rechtsbegriff der Unzuverlässigkeit nach den Kriterien der Unzuverlässigkeit aus § 35 Abs. 1 GewO. Danach ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die entsprechende Tätigkeit in Zukunft ordnungsgemäß durchführen wird. Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG („… hat… zu untersagen…“) ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt. Nicht selten stehen der Behörde mehrere Rechtsgründe für ihre Untersagung zur Verfügung – so wie hier: Zum einen kann die Behörde die Untersagung darauf stützen, dass die gewerbliche Sammlung die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet (§ 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG). Zum anderen kann die Behörde die Untersagung auf die – vermeintliche – Unzuverlässigkeit des gewerblichen Sammlers stützen (§ 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 KrWG). In einem solchen Fall solltest Du beide in Betracht kommenden Untersagungsgründe thematisieren. Achtung: Diese Maßstäbe der Unzuverlässigkeit gelten auch für Sammler, die juristische Personen oder Personengesellschaften sind, obwohl diese im Gewerberecht nicht Gewerbetreibende sein können.

9. Zwischen A und B besteht Streit über die Voraussetzungen der Unzuverlässigkeit. Können bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nur solche Kriterien eine Rolle spielen, die der Sammler nach § 18 Abs. 2 KrWG bei der Anzeige seiner Sammlung angeben muss?

Nein, das trifft nicht zu!

Zuverlässig ist der Sammler, wenn er seine Tätigkeit ordnungsgemäß durchführt. Ordnungsgemäß ist die Sammlung, wenn sie eine einwandfreie Durchführung gewährleistet und den gesetzlichen Anforderungen genügt (RdNr. 22). Relevante gesetzliche Anforderungen sind die Angaben in § 18 Abs. 2 KrWG, aber die Ordnungsgemäßheit der Sammlung ist nicht auf diese Kriterien beschränkt. Relevant sind vielmehr alle Vorschriften, die den rechtlichen Rahmen für die Abfallwirtschaft bilden, z.B. auch die Einhaltung des Straßennutzungsrechts (RdNr. 22). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem systematischen Vergleich mit § 53 KrWG. Auch diese Norm eröffnet eine Untersagungsmöglichkeit wegen Unzuverlässigkeit. Ob der Zuverlässigkeitsbegriff von § 53 KrWG für § 18 KrWG heranzuziehen ist, kann aber dahinstehen, weil auch § 53 KrWG eine Betrachtung von straßen- und privatrechtlichen Reglungen nicht ausschließt (RdNr. 26f.).

10. Können nur Rechtsverstöße, die strafbewehrt sind, auch die Unzuverlässigkeit i.S.d. § 17 Abs. 3 KrWG begründen?

Nein!

Für die Frage der Unzuverlässigkeit ist es unerheblich, ob die begangenen Rechtsverstöße strafbewehrt sind (RdNr. 23). BVerwG: Es können auch jeweils für sich betrachtet unerhebliche Verstöße relevant sein, wenn sie zum Beispiel wiederholt auftreten und daher den Schluss zulassen, dass der Sammler nicht willens oder nicht fähig ist, bei seiner Sammlung das Recht zu beachten. BVerwG: Da die Untersagung einer Tätigkeit stets einen Grundrechtseingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) darstellt, ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (RdNr. 23). Dabei ist die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit keine Sanktion des früheren Verhaltens, sondern soll auf einer Verhaltensprognose für die Zukunft beruhen. Entscheidend ist also, ob in Zukunft nunmehr rechtstreues Verhalten zu erwarten ist. Im Rahmen der Erforderlichkeit stets nach milderen Mitteln zu fragen, hier kommen Bedingungen, Befristungen oder Auflagen in Betracht (§ 18 Abs. 5 S. 1 KrWG).

11. B meint, A habe unzuverlässiges Verhalten jenseits von Bs Gemeindegebiet demonstriert. Kann sich die Unzuverlässigkeit auch aus solchen Rechtsverstößen ergeben, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der Abfallbehörde fallen?

Genau, so ist das!

Bei der Zuverlässigkeitsprüfung müssen auch solche Rechtsverstöße betrachtet werden, die nicht in die (räumliche) Zuständigkeit der individuellen Abfallbehörde fallen (RdNr. 24). Für die Zuverlässigkeitsprognose ist das gesamte tätigkeitsrelevante frühere Verhalten des Betroffenen ohne räumliche Beschränkung zu betrachten. Zwar habe eine Behörde nur in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich Kontroll- und Ermittlungsbefugnisse, sie dürfe aber Erkenntnisse von Behörden aus anderen Zuständigkeitsbereichen verwerten (RdNr. 25). Ob A ausgehend hiervon unzuverlässig und die Bs Verfügung rechtmäßig war, blieb auch nach der Entscheidung des BVerwG offen. Das BVerwG hat die Sache zurückverwiesen (§ 144 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwGO) (RdNr. 28). Es hat dabei festgestellt, dass die Vorinstanz – der BayVGH – bei seiner Entscheidung zutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat. Der VGH hatte die Untersagungsverfügung aufgehoben. Dieser Fall eignet sich gut für eine anspruchsvolle verwaltungsrechtliche Klausur im 1. oder 2. Examen! Unbekannte Normen, Herausarbeiten der gesetzlichen Maßstäbe, vielfältige Argumente und offenes Ergebnis – ein Traum der Prüfungsämter. Lediglich die „Irrelevanzschwelle“ von 10-15% müsste im Sachverhalt angelegt sein. Keine Sorge: Gefragt sind hier Dein juristisches Handwerkszeug, aufmerksame Sachverhaltsarbeit und gute Argumentation! Im Ergebnis ist es nicht entscheidend, wie Du dich entscheidest, solange Du sauber arbeitest.
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