Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2019
Polizeikostenerstattung bei Hochrisikoveranstaltungen nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – Berufsfreiheit
Polizeikostenerstattung bei Hochrisikoveranstaltungen nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – Berufsfreiheit
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Das Land Bremen schickt der Deutschen Fußball Liga (DFL) einen Kostenbescheid über €425.000für den polizeilichen Mehraufwand rund um das „Hochrisikospiel“ zwischen Werder Bremen und dem HSV. Die DFL betreibt die Fußball-Bundesliga. Sie hält den Kostenbescheid für rechtswidrig.
Diesen Fall lösen 87,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Polizeikostenerstattung bei Hochrisikoveranstaltungen nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – Berufsfreiheit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 14 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sieht die Gebührenerhebung bei Veranstaltern gewaltgeneigter Großveranstaltungen vor und ist die einschlägige Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erhobene Abgabe ist eine Gebühr (und keine Steuer).
Ja!
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG liegen vor.
Genau, so ist das!
4. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist jedoch formell verfassungswidrig, weil dem Land Bremen auf diesem Gebiet die Gesetzgebungskompetenz fehlt.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben bedarf einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung.
Ja!
6. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist materiell verfassungswidrig, weil durch die gebührenrechtliche Inanspruchnahme eines Nichtstörers ein unzulässiger Wertungswiderspruch zum Polizeirecht entsteht.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt, dass einfach-gesetzliche Ermächtigungsgrundlagen hinreichend bestimmt sein müssen.
Ja, in der Tat!
8. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt im Hinblick auf seine Tatbestandsmerkmale ("erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen") den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.
Ja!
9. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt auch im Hinblick auf Gebührenbemessung (S. 3: Mehraufwand wegen zusätzlicher Bereitstellung von Polizeikräften) den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.
Genau, so ist das!
10. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt auch im Hinblick auf Gebührenhöhe den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.
Ja, in der Tat!
11. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verstößt gegen die Eigentumsfreiheit der DFL (Art. 14 Abs. 1 GG).
Nein!
12. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG stellt einen Eingriff in die Berufsfreiheit der DFL (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.
Genau, so ist das!
13. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der DFL (Art. 12 Abs. 1 GG) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Ja, in der Tat!
14. Indem § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nur unfriedliche gewinnorientierte Großveranstaltungen mit Gebühren belastet, andere aber nicht, verstößt die Norm gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Elisabeth
1.9.2020, 08:20:44
Die letzte Frage ist etwas zweideutig gestellt, bzw. man könnte sowohl “stimmt” oder “stimmt nicht” ankreuzen, da ja schon ein Eingriff vorliegt, der allerdings gerechtfertigt ist. Dass die Antwort darauf gerichtet ist, dass im Ergebnis kein Eingriff vorliegt, war mir nicht klar. Vielleicht könnte man in der Frage noch auf die Möglichkeit einer Rechtfertigung eingehen, dann ist klarer, in welche Richtung die Antwort zielt. Andererseits ist der Lernerfolg oft größer wenn man erstmal etwas falsch beantwortet, aber bei dieser Frage ist es schon sehr zweideutig ;)
Christian Leupold-Wendling
1.9.2020, 13:03:25
Hi Elisabeth, vielen Dank für Deine Anmerkung! Die letzte Frage (Verletzt die Norm den Gleichheitssatz?) ist schon eindeutig. Bei Grundrechten ist folgende Terminologie üblich: Liegt ein „Eingriff“ vor? Das wäre dann der Fall, wenn die Norm/Maßnahme den Schutzbereich verkürzt. Liegt eine „Verletzung“ / ein „Verstoß“ vor? Das wäre dann der Fall, wenn ein Eingriff vorliegt UND dieser nicht gerechtfertigt ist. Mit anderen Worten: Wenn ein Eingriff vorliegt, der gerechtfertigt ist, ist der Gleichheitssatz nicht verletzt. Lieben Gruß
Elisabeth
1.9.2020, 14:41:44
Hallo Christian Leupold-Wendling, wie so oft steckt der Unterschied im Detail, das ist jedesmal aufs Neue ärgerlich ;) Aber ich stimme dir natürlich zu, vielen Dank für die superschnelle Klarstellung! LG
medoLaw
20.4.2022, 10:26:29
Eine grundlegende Frage : Inwieweit darf das BVerwG denn die Verfassungsgemäßheit prüfen oder feststellen? Fällt das nicht in die Zuständigkeit des BVerfG bzw der Landesverfassungsgerichtshöfe und es müsste eine
konkrete Normenkontrolleangestrengt werden? (
Art 100 GG) Oder gilt
Art 100 GGnur, wenn das Gericht es für verfassungswidrig hält, hier das BVerwG es aber für verfassungsgemäß hält?
Lukas_Mengestu
22.4.2022, 13:00:59
Hallo medolaw, jeder Eingriff des Staates in die Rechte der Bürger bedarf einer entsprechenden verfassungskonformen
Ermächtigungsgrundlage. Ob eine solche vorliegt, gehört insofern zum normalen Prüfprogramm der Verwaltungsgerichte. Hat das (Bundes-)Verwaltungsgericht sodann Zweifel an der Verfassungskonformität eines Gesetzes, so muss es insnoweit die
konkrete Normenkontrolleanstrengen. Denn das Verwerfungsmonopol für Gesetze liegt bei den Verfassungsgerichten. Sofern es dagegen das Gesetz für verfassungskonform hält, kann es hierauf dagegen seine Entscheidung stützen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
An
24.4.2024, 19:58:11
Heads-Up: Morgen soll das BVerfG wohl über den Sachverhalt entscheiden.
bayilm
15.5.2024, 10:27:18
Soweit ich weiß wurde aber noch kein Urteil verkündet, sondern es wurde lediglich die mündliche Verhandlung durchgeführt.
jm2022
3.5.2022, 14:45:43
Gibt es einen ähnlichen §4 auch für BaWü?
Lukas_Mengestu
4.5.2022, 15:37:30
Hallo jm2022, herzlich willkommen im Forum! In Baden-Württemberg (und auch den sonstigen Bundesländern mit Ausnahme von Bremen) gibt es bislang noch keinen vergleichbaren Tatbestand. Und für BaWü wird er voraussichtlich auch nicht in nächster Zeit kommen (vgl. https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/streit-um-polizeikosten-baden-wuerttemberg-plant-keine-neue-regelung-100.html). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
15.6.2023, 19:27:53
Könntet ihr den § auch verlinken, sodass man sehen kann, was der Inhalt der Norm ist
koffeinjunkie
3.8.2023, 15:24:46
Bisschen stolz auf mich, dass ich alles richtig geraten hab, aber mit Norm wäre es wahrscheinlich sinnvoller gewesen. Könntet ihr die vielleicht verlinken oder anderweitig angeben?