+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G leidet unter einer akuten Psychose. A weiß dies nicht und einigt sich mit G darüber, dass das Eigentum an einem Grundstück auf G übergehen soll (§§ 873, 925 BGB). Das Grundbuchamt hat nach Prüfung der formalen Beurkundung der Willenserklärungen den G als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
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Einordnung des Falls
Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) - Einstiegsfall II
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Gs akute Psychose ist eine „vorübergehende Störung der Geistestätigkeit” (§ 105 Abs. 2 BGB). Ist G Eigentümer des Grundstücks geworden (§§ 873, 925 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb an einem Grundstück setzt nach §§ 873, 925 BGB voraus: (1) Auflassung (dingliche Einigung), (2) Eintragung in das Grundbuch, (3) Einigsein bei Eintragung, (4) Berechtigung des Übereignenden. Hier fehlt es an einer wirksamen Einigung. G leidet unter einer akuten Psychose, sodass seine Willenserklärung gemäß § 105 Abs. 2 BGB nichtig ist. Somit liegen die Voraussetzungen für einen wirksamen Eigentumserwerb nach §§ 873, 925 BGB nicht vor. G ist nicht Eigentümer des Grundstücks geworden. Vielmehr ist A weiterhin der Eigentümer. Die Formulierung der „Geistestätigkeit“ im Gesetz ist sehr veraltet. Gemeint sind psychische pathologische Zustände, die die freie Willensentschließung beeinträchtigen (unabhängig von ihrer medizinischen Einordnung). In Deiner Lösung solltest Du den vom Gesetz vorgegebenen Wortlaut verwenden. Wir halten es aber für wichtig, dass Du Dich kritisch mit dem Gesetzeswortlaut auseinandersetzt.
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2. A ist weiterhin Eigentümer des Grundstücks, aber G ist als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Ist das Grundbuch unrichtig?
Ja!
Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die formelle und materielle Rechtslage auseinanderfallen, also die als Eigentümer im Grundbuch eingetragene Person tatsächlich nicht Eigentümer des Grundstücks ist. Das Grundbuch kann aus verschiedenen Gründen unrichtig werden. Beispielsweise wenn eine Rechtsänderung außerhalb des Grundbuchs erfolgt (z.B. durch Erbfall) oder wenn die Auflassungserklärung materiell unwirksam war oder sonst etwas falsch eingetragen oder abgeschrieben wird. Hier weist das Grundbuch den G als Eigentümer aus, obwohl nach der materiellen Rechtslage aufgrund der Nichtigkeit von Gs Willenserklärung (§ 105 Abs. 2 BGB) der A weiterhin der tatsächliche Eigentümer des Grundstücks ist. Somit fallen formelle und materielle Rechtslage auseinander, sodass das Grundbuch unrichtig ist.
3. Kann A nun durch einfache Stellung eines Antrags nach § 13 GBO beim Grundbuchamt erreichen, dass dieses das Grundbuch berichtigt und A als Eigentümer einträgt (siehe § 19 GBO)?
Nein, das ist nicht der Fall!
Nach § 13 GBO erfolgt eine Eintragung ins Grundbuch und damit auch eine Grundbuchberichtigung nur auf Antrag. Wird durch diese Eintragung eine Person in ihren Rechten betroffen, weil sie beispielsweise bislang als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, so erfolgt die Eintragung erst, wenn dieser von der Berichtigung Betroffene, die Eintragung bewilligt (§ 19 GBO). Durch die begehrte Eintragung des A ins Grundbuch und damit einhergehende Berichtigung verliert G seine formale Stellung als im Grundbuch eingetragener Eigentümer. Nach § 19 GBO ist daher erforderlich, dass G die Eintragung des A ins Grundbuch bewilligt. Hierin liegt ein Unterschied zum vorherigen Fall. Dort gab es infolge des Eigentumserwerbs aufgrund des Erbfalls niemanden, der von der Eintragung des Alleinerben und damit von der Grundbuchberichtigung in seinen Rechten betroffen wurde. Daher reicht dabei allein ein Antrag nach § 13 GBO aus.
4. G erteilt diese Bewilligung (§ 19 GBO) nicht. Muss A die Unrichtigkeit des Grundbuchs – mangels weiterer rechtlicher Möglichkeiten – einfach akzeptieren?
Nein, das trifft nicht zu!
Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Eintragung des wirklich Berechtigten ins Grundbuch, dass dieser einen Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt stellt (§ 13 GBO) und dass der von der Berichtigung Betroffene diese Eintragung bewilligt (§ 19 GBO). Oft fehlt es an der freiwilligen Erteilung dieser Bewilligung. Daher gewährt § 8
94 BGB dem wirklich, aber nicht eingetragenen Berechtigten hierzu einen Anspruch auf Abgabe der nach § 19 GBO notwendigen Bewilligung. Dies ist der sog. Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 8
94 BGB. Dazu in den nächsten Aufgaben mehr.
Die Bewilligung ist nach h.M. keine Willenserklärung, sondern eine reine Verfahrenshandlung. Auf sie sind die §§ 104ff. BGB aber analog anwendbar. Sollte G die Bewilligung wirksam erteilen wollen, müsste er dies in einem Zeitpunkt tun, in dem er nicht an einer akuten Psychose leidet, um die Wirkungen des § 105 Abs. 2 BGB (analog) auszuschließen. Da G hier aber die Grundbuchberichtigung ohnehin nicht bewilligt, stellt sich diese Frage nicht. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
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