Vorzensur
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Filmemacher F hat einen Horrorfilm produziert. Diesen legt er der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) zur Kennzeichnung vor. Die FSK lehnt ab. Auf Antrag der FSK beschlagnahmt die Staatsanwaltschaft den Film, da er strafbare Gewaltdarstellungen beinhalte.
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Einordnung des Falls
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Auch die Filmfreiheit unterliegt der Schranke der allgemeinen Gesetze, Art. 5 Abs. 2 GG.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein in die Meinungs-/Presse-/Filmfreiheit eingreifendes allgemeine Gesetz kann keine Zensur darstellen (sog. Zensurverbot), Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG.
Ja!
3. Liegt hier in der Verweigerung der Kennzeichnung eine verbotene Vorzensur i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Liegt in der Einziehung des Films durch die Staatsanwaltschaft eine verbotene Vorzensur i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG?
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
MenschlicherBriefkasten
19.5.2024, 12:52:07
Das Erfordernis einer FSK-Freigabe erscheint mir durchaus als
Vorzensur... "Jede einschränkende Maßnahme vor Herstellung oder Verbreitung..." Hier also vor Verbreitung. Wie seht ihr das?
Leo Lee
21.5.2024, 16:04:07
Hallo MenschlicherBreifkasten, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man meinen, die FSK-Freigabe sei
Vorzensur; das ist auch sehr gut nachvollziehbar. Beachte allerdings, dass das „F“ in FSK für „freiwillig“ steht (FSK steht für die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft). D.h., die Organisation, die hierfür zuständig ist, ist ein privater VEREIN und eben keine öff. Gewalt, die aber für eine
Vorzensurtätig werden muss. Summa summarum heißt das: Was die FSK tut, könnte man als
Vorzensurbezeichnen. Weil jedoch diese Kontrolle eben privat und freiwillig durch die private Organisation dahinter durchgeführt wird, handelt es sich nicht um eine
Vorzensurdurch den Staat! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von Jarass/Pieroth GG 18. Auflage, Jarass Art. 5 Rn. 77 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Snow
1.8.2024, 19:06:03
Okay, aber es scheint recht offensichtlich dass es eine Umgehung ist, wenn die Filme dann wiederum nicht vor Jugendlichen ausgestrahlt werden dürfen. Wie ne Art Flucht ins Privatrecht, sollte es hier auch nicht so einfach möglich sein. Nur weil freiwillig im Namen ist macht es die Angelegenheit nicht freiwillig oder rein privat, wenn die Verbreitung eingeschränkt wird.
Robert
16.8.2024, 12:29:17
Aufgrund der Mehrdeutigkeit des deutschen Wortes ‚können‘ würde ich es begrüßen, wenn ihr die zweite Frage so umformuliert, dass dort steht, ein „…allgemeines Gesetz DARF keine Zensur darstellen“. Beim Lesen eurer Erklärung nach der Antwort wurde mir der Sinn der Frage klar, aber ich habe eben das Wort können zuerst anders interpretiert.
LR
30.8.2024, 21:31:37
Ging mir genauso!
HannahML
6.9.2024, 17:10:12
ich habe gelernt, dass nur Dokumentationsfilme unter die Filmfreiheit fallen, da alle anderen bereits durch die kunstfreiheit geschützt werden. ist das falsch?