Zivilrecht

Sachenrecht

Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Übereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB: Sicherungsübereignung

Übereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB: Sicherungsübereignung

19. Mai 2025

12 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Bank B fordert von Schreiner S zur Gewährung eines Kredits als Sicherheit die Übereignung einer betriebsnotwendigen Sägemaschine. S möchte im Besitz der Säge bleiben, weil er ohne sie nicht arbeiten kann.

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Einordnung des Falls

Übereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB: Sicherungsübereignung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S könnte die Säge verpfänden und im Besitz der Säge bleiben.

Nein!

Der Erwerb eines Pfandrechts nach §§ 1205 ff. BGB setzt voraus: (1) Einigung über die Pfandrechtsbestellung, (2) Bestand der zu sichernden Forderung, (3) Übergabe der Pfandsache, (4) Einigsein, (5) Verfügungsberechtigung.S möchte hier im Besitz der Säge bleiben, weshalb eine Übergabe für ihn nicht geeignet ist.
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2. S könnte die Säge nach § 929 S. 1 BGB übereignen und im Besitz der Säge bleiben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein, (4) Berechtigung des Veräußerers. B und S können sich über den Eigentumsübergang einigen. Jedoch möchte S unbedingt im Besitz der Säge bleiben. Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt aber voraus, dass der Veräußerer jeglichen Besitz an der Sache verliert.

3. S könnte die Säge nach §§ 929 S. 1, 930 BGB übereignen und im Besitz der Säge bleiben.

Ja, in der Tat!

B und S können eine Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB durchführen. Hierbei bliebe S im Besitz der Säge. Die Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabesurrogat nach § 930 (Sicherungsabrede als Besitzmittlungsverhältnis), (3) Hinreichende Bestimmtheit des Sicherungsguts, (4) Einigsein, (5) Verfügungsberechtigung. Durch Abschluss eines Sicherungsvertrags und dinglicher Einigung können B und S den Eigentumsübergang an B herbeiführen, ohne dass S den Besitz an der Säge verliert.Sofern S und B die Sicherungsübereignung unter die auflösende Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) der vollständigen Darlehensrückzahlung stellen, fällt das Eigentum mit Bedingungseintritt an S zurück. Bei unbedingter Sicherungsübereignung steht ihm nach Rückzahlung ein Rückübertragungsanspruch aus dem Sicherungsvertrag bzw. aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB zu.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Anastasia

Anastasia

7.8.2023, 20:17:51

Verstehe ich richtig, dass im deutschen Recht kein besitzloses, verträglich vereinbartes

Pfandrecht

an die Sachen möglich ist? Man kann also nicht zB sein Auto verpfänden und gleichzeitig im Alleinbesitz bleiben? Wenn ja, dann warum ist es so? Weil es früher öffentliche Registern zu unbequem

ware

n? Weil die Gläubiger für sich sowieso schon eine stärkere

Sicherungsübereignung

in der Praxis durchgesetzt haben?

Anastasia

Anastasia

7.8.2023, 20:19:03

* an die beweglichen Sachen natürlich, da bei Immobilien ein Hypothek bestellbar ist

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.8.2023, 17:40:28

Hallo Anastasia, gute Frage! In der Tat knüpft das vertraglich geregelten

Pfandrecht

an beweglichen Sachen entweder an den unmittelbaren Besitz an (Faust

pfandrecht

, § 1204 BGB). Auch die gesetzlichen

Pfandrecht

e knüpfen entweder an den Besitz an (zB

Werkunternehmerpfandrecht

, § 647 BGB) oder aufgrund der Einbringung in den Herrschaftsbereich des Gläubigers (zB

Vermieterpfandrecht

, § 562 BGB; Gastwirt, § 704 BGB). Warum man auf die Schaffung eines besitzlosen

Pfandrecht

s mit Register

verzicht

et hat, kann ich Dir leider nicht sagen. Bereits bei der Konzeption des

§ 930 BGB

dachte man an das Institut der

Sicherungsübereignung

(BGB-Protokolle III, Sachenrecht, 1899, S. 3690 = http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/3092875) und nur 4 Jahre nach Inkrafttreten des BGB hatte auch das Reichsgericht bereits die

Sicherungsübereignung

als eigenes

Sicherungsmittel

anerkannt und darin kein

Umgehungsgeschäft

gesehen (RG, Urteil vom 11. März 1904, RGZ 59, 146, 147). Vor diesem Hintergrund ist hat das

Pfandrecht

schon früh an Bedeutung verloren, weswegen heute durchaus dafür geworben wird, ein Register

pfandrecht

einzuführen (Vertiefend dazu: MüKoBGB/F. Schäfer, 9. Aufl. 2023, BGB § 1204 Rn. 5). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

14.9.2023, 16:14:23

Warum ist der Punkt "Einigsein" bei der (Sicherungs-)

Übereignung

nach §§ 929 S. 1, 930

erforderlich

? Ich einige mich ja eigentlich über die Begründung eines

Besitzmittlungsverhältnis

ses. Da gibt es doch keinen Zeitraum mehr zwischen der Einigung und der Begründung des Übergabesurrogats, oder? Oder könnte man auch vereinbaren, dass das Übergabesurrogat erst später entstehen soll? Das wäre doch im Falle der

Sicherungsübereignung

für den Sicherungsnehmer höchst unpraktisch, wenn der Veräußerer bis zur tatsächlichen Entstehung des BMV dann noch widerrufen könnte, denn das wäre doch eigentlich die Konsequenz, da die Einigung bis zur Übergabe bzw. dem Übergabesurrogat ja frei widerruflich ist?!

LELEE

Leo Lee

16.9.2023, 17:50:12

Hallo evanici, Ein Einigsein bei der

Sicherungsübereignung

ist zwar vor allem in der Praxis selten, jedoch in der Tat von Nöten, aus dem Grund, den du geschildert hast. Man kann nämlich auch ein sog.

Antizipiertes Besitzkonstitut

vereinbaren (also, dass zu einem späteren Zeitpunkt das BMV entstehen soll). Hier brauchen wir dann wegen der Verzögerung dann ein Einigsein bei der Begründung des (späteren/antizipierten) BMVs. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage Oechsler § 930 Rn. 24 ff. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BL

Blotgrim

22.7.2024, 11:37:29

Es stimmt zwar dass es unpraktisch ist wenn das Übergabesurrogat erst später entsteht, aber es ist trotzdem möglich, es wird in der Praxis halt nur selten vorkommen

LI

Lisa

9.3.2025, 19:25:03

In den Voraussetzungen für §§ 929 S. 1,

930 BGB

wird die hinreichende Bestimmtheit des Sicherungsgutes als eigener Prüfungspunkt aufgelistet. Kann man dies nicht bereits im Rahmen der dinglichen Einigung thematisieren?

Jakob G.

Jakob G.

3.5.2025, 23:16:35

Ja, aber wir haben es hier nicht mit einem Raum

sicherungsvertrag

zutun, bei dem in der Tat die Bestimmbarkeit der Gegenstände für die dingliche Zuordnung

erforderlich

ist. Dem Bestimmtheitsgrundsatz wird genügt, weil es sich um eine einzelne Sägemaschine handelt.


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