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Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Höchstpersönlichkeit – Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065 Abs. 2 BGB

Höchstpersönlichkeit – Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065 Abs. 2 BGB

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die schwerreiche Katzenliebhaberin E bestimmt in ihrem Testament, dass diejenige ihrer Töchter Erbin sein soll, die eine Fortbildung zur Tierpflegerin absolviert hat. Sollte das bei mehreren Töchtern der Fall sein, so soll die jüngste Tochter erben. Die Festlegung wer danach Erbe ist, überlässt E ihrem Nachbarn N.

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Einordnung des Falls

Höchstpersönlichkeit – Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065 Abs. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E darf die Bestimmung des Erben grundsätzlich nicht dem N überlassen.

Genau, so ist das!

Nach § 2065 Abs. 2 BGB kann der Erblasser die Bestimmung der Person die eine Zuwendung erhalten soll und auch die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht anderen überlassen. E darf die Bestimmung des Erben grundsätzlich nicht dem N überlassen.
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2. Da E Kriterien zur Bestimmung des Erben festgelegt hat, ist das Testament nicht nach § 2065 Abs. 2 BGB nichtig.

Ja, in der Tat!

Nach der Rechtsprechung und der herrschenden Literatur kann der Erblasser einem Dritten nicht die Bestimmung, sondern nur die Bezeichnung der Person des Bedachten überlassen. Um eine zulässige Bezeichnung handelt es sich dann, wenn der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung objektive Kriterien aufstellt nach denen die Bestimmung der Erbes ohne subjektives Ermessen erfolgen kann. Das Testament ist nicht nach § 2065 Abs. 2 BGB nichtig. Das Reichsgericht hat in seinen früheren Entscheidungen eine weitere Auslegung vertreten und es schon für ausreichen erachtet, wenn aufgrund der Kriterien kein Raum mehr für Willkür bleibt, auch wenn die endgültige Entscheidung auf einer Ermessensentscheidung beruht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraluchs

Juraluchs

29.1.2023, 19:29:15

Hier sind dem N doch gerade keine objektiven Kriterien an die Hand gegeben?

aboutrebee

aboutrebee

23.3.2023, 09:43:36

Doch, die beiden Kriterien lauten: (1) Absolvieren der Fortbildung als Tierpfleger, und soweit m

ehre

re Töchter diese absolviert haben, soll die jüngste Tochter erben -> (2) Alter. Beide Kriterien lassen sich objektiv feststellen, entweder wurde die Ausbildung absolviert oder nicht. Ist das bei m

ehre

ren Töchtern der Fall, so erbt die Jüngste. Das Alter ist ebenfalls ein objektives Kriterium.

PI

Pit

18.7.2024, 09:08:42

Da es mich selbst verwirrt hat: Der letzte Satz "Die Festlegung wer danach Erbe ist, überlässt E ihrem Nachbarn N." deutet zwar an, dass die Entscheidung dem Nachbarn überlassen wird, was nach § 2065 Abs. 2 BGB grundsätzlich zur Nichtigkeit des

Testament

s führen würde. Allerdings findet diese Regelung keine Anwendung, da bereits die beiden vorhergehenden Regelungen abschließend den Erben bestimmen. Denn das 2. Kriterium, wonach jeweils die jüngere Erben soll, führt grundsätzlich zu einer abgeschlossenen Erbschaft. Problematisch könnte es nur dann werden, wenn bei zwei Töchtern, die jüngere bereits verstorben ist. Werden dann ihre gesetzlichen Erben begünstigt oder wird mit "jüngere" nur die noch lebende "jüngere" gemeint. - Aber selbst dann müsste man nicht auf eine Ermessensentscheidung des Nachbarn zurückgreifen, sondern das

Testament

auslegen.

FW

FW

26.8.2024, 20:28:58

Hi Ich verstehe die Notwendigkeit des Bezeichnens nicht ganz. Bestimmen heißt ja hier wohl dann eindeutiges Festlegen nach objektiven Kriterien. Aber wozu bedarf es dann noch der „Bezeichnung“ durch den Nachbarn? Es ist doch bereits ersichtlich, wer von den beiden Töchtern Erbe sein wird. Also welche Funktion erfüllt der Nachbar in der Praxis? Soll er dem Nachlassgericht nur den Namen mitteilen oder verstehe ich hier was falsch?

EI

Eike-Christian

26.10.2024, 15:07:57

Was passiert, wenn N stirbt, ohne zuvor die Erbin bezeichnet zu haben? Dürften dann andere Dritte nach den objektiven Kriterien entscheiden? Ich meine ja, denn E wollte ja, dass die nach objektiven Kriterien bestimmte Tochter erbt, nicht, dass ausgerechnet N bezeichnen soll. Es kommt also wohl auf die Kriterien an, nicht auf die Person des Nachbarn, oder?


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