Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Begriff des Rechtsverhältnisses

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Begriff des Rechtsverhältnisses

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

A ist Altenpfleger und deswegen gem. § 2 Abs. 1 S. 1 PflegeKG Mitglied in der Pflegekammer Niedersachsen (Pflichtmitgliedschaft). A ist der Meinung, zwischen ihm und der Pflegekammer Niedersachsen besteht kein Rechtsverhältnis.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Begriff des Rechtsverhältnisses

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer 2021
Examenstreffer NRW 2021
Examenstreffer Hessen 2022

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nachdem die Behörde eine entsprechende Bestätigung verweigert, klagt A. Als statthafte Klageart kommt die Feststellungsklage (§ 43 VwGO) in Betracht.

Genau, so ist das!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die Feststellungsklage ist statthaft, wenn das Klagebegehren auf die Feststellung des Bestehens (positive Feststellungsklage) oder Nichtbestehens (negative Feststellungsklage) eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist (§ 43 Abs. 1 Var. 1, Var. 2 VwGO) oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt werden soll (Nichtigkeitsfeststellungklage, § 43 Abs. 1 Var. 3 VwGO). Die Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO wird teilweise auch als allgemeine Feststellungsklage bezeichnet - im Unterschied zur Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) und ihren verschiedenen Erscheinungsformen.
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2. In Betracht kommt eine negative Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Var. 2 VwGO). Dafür müsste es sich bei der Beziehung zwischen A und der Pflegekammer um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handeln.

Ja, in der Tat!

Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 VwGO ist die rechtliche Beziehung, die sich aus einem hinreichend konkreten Sachverhalt aufgrund einer (diesen Sachverhalt betreffenden) öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergibt. Feststellungsfähig ist nach allgemeiner Auffassung nur ein hinreichend konkretisiertes Rechtsverhältnis. Der Rechtsschutz soll sich nicht auf abstrakte Rechtsfragen bzgl. eines erdachten Sachverhalts erstrecken. A begehrt die Feststellung, dass er kein Mitglied in der Pflegekammer ist, also keine Beziehung zwischen ihm und der Pflegekammer besteht.

3. Rechtsverhältnisse sind im Allgemeinen gekennzeichnet durch bestimmte Rechte und Pflichten auf Grundlage öffentlich-rechtlicher Normen.

Ja!

Die allgemeine Definition des Rechtsverhältnisses ist sehr weit. Hilfreich ist deswegen, ein Rechtsverhältnis als Bündel von subjektiven Rechte mit korrespondierenden Pflichten zu begreifen. Nach einzelnen Stimmen in der Lit. kommt es zur Bestimmung eines Rechtsverhältnisses entscheidend nur auf das Vorliegen eines hinreichend konkretisierten subjektiven Rechts an, dem immer eine Pflicht einer anderen Person entspreche. Dagegen muss einer Pflicht allein nicht zwangsläufig ein subjektives Recht gegenüberstehen. Nach dem PflegeKG besteht u.a. eine Beitragspflicht für die Mitglieder. Die Mitglieder sind auch verpflichtet, den Festsetzungen der Kammer zu folgen. Dass es sich bei der Kammer um eine - rechtlich komplexe - Einrichtung der mittelbaren Staatsverwaltung handelt, ändert nichts daran, dass die gesetzlichen Regelungen - hier das PflegeKG - dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind.

4. Bei der Frage, ob A Mitglied in der Pflegekammer ist, handelt es sich um ein Rechtsverhältnis. Statthaft ist die (negative) Feststellungsklage.

Genau, so ist das!

Um festzustellen, ob ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliegt, hilft die Frage, ob zwischen den Beteiligten Rechte und korrespondierende Pflichten bestehen. A hat als Mitglied der Pflegekammer aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung (PflegeKG) konkrete Pflichten gegenüber der Kammer, etwa Beitragszahlung. Das Bestehen oder Nichtbestehen von As Mitgliedschaft ist ein feststellungsfähiges, hinreichend konkretes Rechtsverhältnis. Die Ausführungen zu den subjektiven Rechten musst du nicht unbedingt treffen. Sie helfen aber, die weite Definition des Rechtsverhältnisses zu konkretisieren.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Prof. Dr. Fußnoté

Prof. Dr. Fußnoté

4.1.2023, 18:37:08

Urteil ist im Dez. 2021 in der ÖR I Examensklausur in NRW gelaufen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.1.2023, 09:38:17

Vielen Dank für den Hinweis, Prof. Dr. Fußnoté! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JO

Jo

1.2.2023, 12:37:14

Dieses Urteil ist mMn auch im Oktober 2022 in Hessen im Examen gelaufen (ÖR I).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.2.2023, 12:38:35

Vielen Dank, Jo!

CT

ctr

13.7.2023, 18:20:28

Ich habe hierzu eine Verständnisfrage: Warum hat das VG eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz des Landes und der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht? Ist das nicht originär dem BVerfG für formelle Gesetze vorbehalten?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.7.2023, 16:16:55

Hallo ctr, danke für deine Frage. Inwieweit meinst du die grundrechtliche Prüfungskompetenz? Die Verwerfungskompetenz liegt einzig beim Bundesverfassungsgericht, also nur die können aufgrund Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht die Nichtigkeit einer Norm aussprechen. Darüber hinaus trifft jedes Gericht eine Vorlagepflicht, wenn es ein Gesetz für verfassungswidrig hält (Art. 100 GG). Sollte damit deine Frage nicht beantwortet sein, stell sie gerne nochmal hier in den Kommentaren . Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DO

Dominic

19.8.2023, 12:33:11

Wenn A wirklich nur wissen will, ob er Mitglied ist (und fiktiv mit der Mitgliedschaft keine weiteren Rechte oder Pflichten einhergehen), würde das dann als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ausreichen? Oder muss vielmehr fraglich sein, ob eine der beteiligten Personen etwas bestimmtes tun darf oder muss oder nicht zu tun braucht?


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