Vergütungspflicht auch ohne Vereinbarung, § 612 BGB

5. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Die 18-jährige Schülerin S arbeitet mit Einverständnis ihrer Eltern auf dem Marktstand von Bauer B. Über die Vergütung haben sie bei Vertragsschluss nicht gesprochen.

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Einordnung des Falls

Vergütungspflicht auch ohne Vereinbarung, § 612 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Muss S umsonst für B arbeiten, weil sie versäumt hat, mit ihm ein Gehalt zu vereinbaren?

Nein!

Die Vergütungspflicht ist die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers (§ 611a Abs. 2 BGB). Fehlt eine Vereinbarung darüber, ob eine Vergütung gezahlt wird, so gilt eine solche Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn dies nach den Umständen zu erwarten ist (§ 612 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei geht das Bundesarbeitsgericht von dem Grundsatz aus, dass alle Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts anordnet, auch vergütungspflichtig sind.S' Verkaufstätigkeiten unterliegen Bs Weisungsrecht. Insoweit kann S auch erwarten, für diese vergütet zu werden.
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2. Kann B aufgrund der fehlenden Vereinbarung nun einseitig die Höhe des Lohns festsetzen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Fehlt eine Vereinbarung über die Vergütungshöhe, so gilt die übliche Vergütung als vereinbart (§ 612 Abs. 2 BGB).B ist somit verpflichtet, an S die Vergütung zu zahlen, die für Tätigkeiten an einem Verkaufsstand auf dem Markt üblich sind. Besteht in dem Tätigkeitsbereich kein Tarifvertrag, so bereitet die Ermittlung des üblichen Lohns in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Als Untergrenze gilt der gesetzliche Mindestlohn (§ 1 Abs. 1, 2 MiLoG). Der übliche Lohn ist hierauf aber nicht beschränkt, sondern kann durchaus darüber liegen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Klima-Kleber

Klima-Kleber

28.2.2023, 12:13:16

Dem Vertiefungshinweis steht im vorliegenden Fall aufgrund der Minderjährigkeit der S der § 22 II MiLoG i.V.m. § 2 II JArbSchG entgegen. Ein entsprechender Hinweis erscheint mir geboten.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.3.2023, 10:55:17

Sehr guter Hinweis, Klima-Kleber! In der Tat gilt der Mindestlohn nicht für Minderjährige, sodass es bei ihnen bei fehlender Absprache ausschließlich auf die "übliche Vergütung" ankommt, die im Einzelfall ermittelt werden müsste (§ 612 Abs. 2 BGB). Für den Fall haben wir hier das Alter entsprechend angepasst :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TI

Timurso

19.5.2023, 09:22:39

Ahh, jetzt versteh ich auch, wie es dazu kam, dass eine Volljährige mit Einverständnis der Eltern handelt. Da ist ggf. nochmal Anpassungsbedarf.

Johannes Nebe

Johannes Nebe

19.5.2023, 09:01:21

Die Frage, ob der Arbeitgeber "einseitig" die Höhe der Vergütung festlegen kann, ist nicht optimal formuliert. Tatsächlich kann er die Höhe einseitig festlegen, solange dabei die übliche Vergütung nicht unterschritten wird. Was er also nicht kann, ist, den Lohn beliebig festzulegen. Das Gegenteil von einseitig wäre ja beidseitig, also dass der Lohn erneut ausgehandelt werden muss.

TI

Timurso

19.5.2023, 09:20:48

Nein, der Arbeitgeber kann die Höhe nicht einseitig festlegen. Die Höhe ist per Gesetz festgelegt. Natürlich könnte er freiwillig mehr zahlen, aber das würde am Vertragsinhalt ohne darauf gerichteten Willen der anderen Partei nichts ändern. Und wäre darüber hinaus auch genauso, wenn eine Vergütung explizit festgelegt wurde.


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