+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die BAföG-Behörde möchte der Studentin S den Widerspruchsbescheid förmlich zustellen. Obwohl eine Freundin von S wahrheitsgemäß gegenüber der Behörde unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht erklärt hat, Bevollmächtigte für S zu sein, stellt die Behörde an S zu.
Einordnung des Falls
Adressat der förmlichen Zustellung: Zwingende Zustellung an Bevollmächtigten bei Vorlage schriftlicher Vollmacht (§ 7 Abs. 1 S. 2 VwZG)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. In bestimmten Fällen ist die Bekanntgabe durch förmliche Zustellung erforderlich.
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Ja, in der Tat!
In bestimmten Fällen ist eine förmliche Zustellung geboten. Dann gilt nicht mehr der § 41 VwVfG, sondern nur das jeweilige Verwaltungszustellungsrecht (vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG). Für Bundesbehörden, bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und Landesfinanzbehörden gilt das VwZG (§ 1 Abs. 1 VwZG). Danach ist die förmliche Zustellung immer dann erforderlich, wenn ein Gesetz oder eine behördliche Anordnung dies vorsieht (§ 1 Abs. 2 VwZG). Verschiedene Zustellungsarten ergeben sich aus §§ 3, 4, 5, 5a, 9, 10 VwZG.
2. Beteiligte dürfen sich auch bei der förmlichen Zustellung vertreten lassen.
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Ja!
Grundsätzlich kann ein Beteiligter sich bei der förmlichen Zustellung vertreten lassen (§ 7 VwZG). Dazu muss er einen Dritten eine Vollmacht erteilen. Es gelten im Wesentlichen die §§ 164ff. BGB. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Vollmacht auch nur für bestimmte Verfahren gelten kann. Ferner ist zu beachten, dass auch die Grundsätze der Anscheinsvollmacht entsprechend gelten.
3. Die Behörde hätte nur an die bevollmächtigte Freundin zustellen dürfen.
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Genau, so ist das!
Die Behörde kann an den Bevollmächtigten wirksam zustellen (§ 7 Abs. 1 S. 1 VwZG). Allerdings kann die Behörde auch bei Bestehen einer Vollmacht grundsätzlich auch an den Beteiligten zustellen. Der Behörde steht somit ein Ermessen zu. Wird der Behörde allerdings eine schriftliche Vollmacht vorgelegt, muss sie die Zustellung an den Bevollmächtigten richten (§ 7 Abs. 1 S. 2 VwZG).Die Zustellung an S ist damit unwirksam.Eine Ausnahme käme allenfalls in Betracht, wenn die Bevollmächtigte nicht erreichbar ist.