Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Freiheitsberaubung, § 239 StGB

Wegnahme oder Entziehen von Hilfsmitteln für Behinderte

Wegnahme oder Entziehen von Hilfsmitteln für Behinderte

16. April 2025

2 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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T lockt den Blindenhund des O mit einer Wurstsemmel weg und geht mit diesem spazieren. Der O bleibt hilflos zurück.

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Einordnung des Falls

Wegnahme oder Entziehen von Hilfsmitteln für Behinderte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat die O "eingesperrt" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

"Einsperren" bedeutet, jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines umschlossenen Raumes zu hindern. Die Ausgänge des umschlossenen Raumes können mechanisch oder elektronisch verschlossen, durch Hindernisse oder durch Bewachung versperrt sein. T hat O in keinem Raum eingeschlossen.
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2. T beraubt den O "auf andere Weise" seiner Freiheit (§ 239 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Ja!

Die Freiheitsberaubung "auf andere Weise" umfasst jedes Tun oder Unterlassen, durch das die Fortbewegung vollständig verhindert wird. Als Tatmittel kommt alles, was tauglich ist, einem anderen die Möglichkeit der Fortbewegung zu nehmen, in Betracht. Dieses Merkmal braucht der Einsperrung daher nicht ähnlich sein. Dazu zählt auch das Entziehen von Hilfsmitteln, welche für die Fortbewegungsfreiheit des Opfers elementar sind. T geht mit dem Blindenhund des O spazieren. Der Blindenhund ist für die Fortbewegungsfreiheit des O elementar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FW

FW

3.2.2025, 17:20:48

Hi, warum soll der O denn in seiner Freiheit beraubt sein? Letztendlich kann er sich doch noch fortbewegen. Natürlich ist zu berücksichtigen, dass er seinen Blindenhund benötigt, um sich angemessen fortzubewegen. Aber die Freiheit an sich ist ja nicht vollständig aufgehoben, sondern nur erheblich eingeschränkt. M.E. käme hier nur eine

Nötigung

in Betracht, da er das Fortbewegen gerade deshalb unterlässt, weil es ohne Blindenhund zu gefährlich ist. Er kann jedoch weiterhin noch gehen, wenn er wirklich will.

BENR

BenRie

13.2.2025, 00:02:43

Hallo FW, grundsätzlich ist die Freiheitsberaubung erst vollendet, wenn die Bewegungsfreiheit vollständig aufgehoben wird. Eine bloße Erschwerung der Fortbewegung genügt insoweit nicht (zB durch die

Wegnahme

der Kleidung). Jedoch schließen auch unzumutbare Alternativmöglichkeiten die

Vollendung

der Tat nicht aus (zB das Springen aus einem Hohen Fenster oder das Herausspringen aus einem fahrenden Fahrzeug). Auf den hi

esi

gen Fall übertragen bedeutet dies, dass ein Blinder - der nur seinen Blindenhund als Orientierungswerkzeug dabei hat - die Fortbewegung ohne Hilfsmittel, also ein bloßes Herumirren nicht zugemutet werden kann, sodass der Tatbestand erfüllt ist. Gleiches müsste man wahrscheinlich annehmen, wenn man dem auf einer Parkbank sitzenden Querschnittsgähmten den neben der Bank stehenden Rollstuhl entwendet. Liebe Grüße


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