Strafrecht
BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.
Freiheitsberaubung, § 239 StGB
Wegnahme oder Entziehen von Hilfsmitteln für Behinderte
Wegnahme oder Entziehen von Hilfsmitteln für Behinderte
15. Juli 2025
3 Kommentare
4,7 ★ (5.016 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T lockt den Blindenhund des O mit einer Wurstsemmel weg und geht mit diesem spazieren. Der O bleibt hilflos zurück.
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Einordnung des Falls
Wegnahme oder Entziehen von Hilfsmitteln für Behinderte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat die O "eingesperrt" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
2. T beraubt den O "auf andere Weise" seiner Freiheit (§ 239 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FW
3.2.2025, 17:20:48
Hi, warum soll der O denn in seiner Freiheit beraubt sein? Letztendlich kann er sich doch noch fortbewegen. Natürlich ist zu berücksichtigen, dass er seinen Blindenhund benötigt, um sich angemessen fortzubewegen. Aber die Freiheit an sich ist ja nicht vollständig aufgehoben, sondern nur erheblich eingeschränkt. M.E. käme hier nur eine Nötigung in Betracht, da er das Fortbewegen gerade deshalb unterlässt, weil es ohne Blindenhund zu gefährlich ist. Er kann jedoch weiterhin noch gehen, wenn er wirklich will.
BenRie
13.2.2025, 00:02:43
Hallo FW, grundsätzlich ist die Freiheitsberaubung erst vollendet, wenn die Bewegungsfreiheit vollständig aufgehoben wird. Eine bloße Erschwerung der Fortbewegung genügt insoweit nicht (zB durch die Wegnahme der Kleidung). Jedoch schließen auch unzumutbare Alternativmöglichkeiten die
Vollendungder Tat nicht aus (zB das Springen aus einem Hohen Fenster oder das Herausspringen aus einem fahrenden
Fahrzeug). Auf den hiesigen Fall übertragen bedeutet dies, dass ein Blinder - der nur seinen Blindenhund als Orientierungswerkzeug dabei hat - die Fortbewegung ohne Hilfsmittel, also ein bloßes Herumirren nicht zugemutet werden kann, sodass der Tatbestand erfüllt ist. Gleiches müsste man wahrscheinlich annehmen, wenn man dem auf einer Parkbank sitzenden Querschnittsgähmten den neben der Bank stehenden Rollstuhl entwendet. Liebe Grüße

Absenderhorizont
28.6.2025, 11:22:20
@[BenRie](256893) ist das nicht eigentlich ein nicht so passender Vergleich mit dem Querschnittsgelähmten? Weil er ist körperlich tatsächlich eingeschränkt und kann sich ohne den Rollstuhl nicht bewegen, während ein Blinder ja zumindest paar Schritte machen könnte, ohne dass man das als unzumutbar bezeichnen müsste. Oder denke ich da falsch?