Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
Wirksamer Widerrufsvorbehalt
Wirksamer Widerrufsvorbehalt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
U hat fünf Jahre in Folge €250 Weihnachtsgeld gezahlt. Am schwarzen Brett hängt ein Aushang, wonach die Zusage zur Weihnachtsgeldzahlung ab einem Umsatzrückgang von 20% widerrufen werden kann. A fordert 2021 Weihnachtsgeld. U verweigert die Zahlung mit Verweis auf den Umsatzrückgang von 30%.
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Einordnung des Falls
Wirksamer Widerrufsvorbehalt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Widerrufsvorbehalt verstößt gegen § 308 Nr.4 BGB , da er den formellen Anforderungen nicht genügt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Widerrufsvorbehalt verstößt gegen § 308 Nr.4 BGB , da er den materiellen Anforderungen nicht genügt und ist daher unwirksam.
Nein!
3. U hat hier den entstandenen Anspruch des A auf Weihnachtsgeldzahlung durch Widerruf beseitigt.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
glaenzejenseitsvonnullundachtzehn
26.7.2022, 10:20:44
Wird dadurch die betriebliche Übung generell und endgültig widerrufen, also auch für den Fall, dass im nächsten Jahr die Umsätze wieder denen der Vorjahre entsprechen? Oder besteht der Anspruch dann nur nicht für das Jahr 2021?
Lukas_Mengestu
3.8.2022, 13:38:19
Vielen Dank für Deine Frage! Die betriebliche Übung ist damit erste einmal endgültig beseitigt und müsste erst wieder neu begründet werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Daniel
30.7.2022, 18:57:05
Woher kommt der Maßstab mit den formellen und materiellen Anforderungen?
GingerCharme
31.7.2022, 14:36:28
Ich würde mich der Frage quasi anschließen. Also, dass der
Widerrufsvorbehaltbeispielsweise nur dann zumutbar ist, wenn er generell, in formeller und materieller Hinsicht wirksam ist, lässt sich für mich schon noch aus dem Wortlaut "zumutbar" ableiten, denn was formell und/oder materiell unwirksam ist, ist nicht zumutbar. Aber kann ich das in der Klausurpraxis einfach so voraussetzen, dass Ganze ist quasi ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, sodass man im Rahmen der Auslegung einfach einen Obersatz formuliert, wann Zumutbarkeit gegeben wäre und dann prüft man die formelle Wirksamkeit (hinreichende Begründung) und die materielle (kein Verstoß gegen 305 ff.) unter dem Schlagwort der Zumutbarkeit?
Lukas_Mengestu
1.8.2022, 10:46:18
Hallo ihr beiden, in der Tat hat das BAG diese Voraussetzungen an dem Begriff der Zumutbarkeit aufgehangen. Zumutbar ist der Widerruf zunächst, wenn er nicht grundlos (=formelle Voraussetzung) erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist (BAG, Urteil vom 12. 1. 2005 – 5 AZR 364/04 RdNr. 29 - https://lexetius.com/2005,348). Dabei darf das wirtschaftliche Risiko dem Arbeitnehmer nicht vollständig aufgebürdet werden, weswegen die Grenze von 25-30% des Gesamtverdienstes eingezogen wurde (vgl. RdNr. 31). Schaut gerne einmal in das Urteil im Original rein. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jenn_
13.5.2023, 15:10:53
Muss der Widerruf grds. irgendwie besonders erklärt werden, wenn der Arbeitgeber davon Gebrauch machen will? Oder genügt es, wenn der Arbeitnehmer sich einen solchen Widerruf wirksam vorbehält und dann auf Nachfrage der Arbeitgeber einfach die Zahlung verweigert?
Carl Wagner
14.5.2023, 10:21:12
Vielen Dank für deine Frage Jenn_! Früher hatte das BAG die Ansicht vertreten, dass eine sog. "negative Übung" bzw. "gegenläufige Übung" über 3 Jahre hinweg ausreichend ist, um den Anspruch aus betrieblicher Übung zum Erlöschen zu bringen. Mittlerweile hat das BAG sich aber ausdrücklich dafür entschieden, dass die betriebliche Übung einen vertraglichen Anspruch begründet und die "negative Übung" unzureichend ist, um ihn zum Erlöschen zu bringen. ((BeckOK BGB/Baumgärtner, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 611a Rn. 80)) Vielmehr muss bei einem wirksamen
Widerrufsvorbehaltder Widerruf erklärt werden. Ein "Schweigen" hat keinen Erklärungswert. Der Arbeitgeber muss also von sich aus tätig werden und den Widerruf erklären, §§ 133, 157 BGB. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team
Jenn_
17.5.2023, 12:17:47
Vielen Dank für die schnellen Antworten auf meine Fragen! 😁☺️