Keine Probezeit vereinbart
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Arbeitnehmer A ist seit dem 01.01.2022 beim Busunternehmen des B, in dessen Betrieb 100 Arbeitnehmer tätig sind, beschäftigt. Eine Probezeit wurde nicht vereinbart. Am 30.06.2022 kündigt B dem A ordentlich zum 31.07.2022 das Arbeitsverhältnis.
Einordnung des Falls
Keine Probezeit vereinbart
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Damit A sich auf die allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften nach dem KSchG berufen kann, muss neben dem sachlichen und betrieblichen Geltungsbereich (§ 23 Abs. 1 S. 2, 3 KSchG) auch der persönliche Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 KSchG) eröffnet sein.
Genau, so ist das!
2. Diese sechsmonatige Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) soll dem Arbeitgeber ermöglichen, den neuen Mitarbeiter kennenzulernen.
Ja, in der Tat!
3. Da vorliegend keine Probezeit vereinbart wurde, greift Kündigungsschutz bereits am ersten Tag und nicht erst nach sechs Monaten.
Nein!
4. Weil das Ende des Arbeitsverhältnisses (31.07.2022) außerhalb der Wartezeit liegt, benötigt B für die Kündigung einen Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 2 KSchG.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Flohm
30.8.2023, 09:36:39
Zur 2. Frage: Wieso ist, wenn das KSchG nicht anwendbar ist, weil die 6 Monate noch nicht vorbei sind, nicht auch §622 anwendbar und nicht nur u.a. §612a ?
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
12.10.2023, 09:14:55
Hallo Flohm, § 622 Abs. 3 BGB hat in der Tat eine ähnliche Stoßrichtung, wie die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes. Der Gesetzgeber wollte damit den praktischen Bedürfnissen beider Arbeitsvertragsparteien Rechnung tragen, in der Anfangsphase des Arbeitsverhältnisses die Leistungsfähigkeit bzw. die Arbeitsbedingungen zu erproben und bei negativem Ausgang eine kurzfristige Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen zu können. Darüber hinaus sollte durch die relativ kurzen Fristen der Abschluss von unbefristeten Probearbeitsverhältnissen gefördert werden (MüKoBGB/Engshuber, 9. Aufl. 2023, BGB § 622 RdNr. 32). ABER: Die Regelungen sind gänzlich unabhängig voneinander! Das bedeutet, die Probezeit kann auch vereinbart werden, wenn das KSchG nicht greift. Umgekehrt kann das KSchG - wie hier - auch dann erst nach Ablauf der Wartezeit Anwendung finden, wenn
keine Probezeitvereinbart worden ist. Da beide Begriffe gerne durcheinandergeworfen wurden, soll die Aufgabe dazu dienen, die Unterscheidung zu verdeutlichen. Ich hoffe, jetzt ist es klarer geworden :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team