Verlust der Fahrlizenz
6. Juli 2025
7 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Paketzusteller D hat bei einer Privatfahrt stark alkoholisiert einen Unfall verursacht und Fahrerflucht begangen, sodass ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Arbeitgeber A kündigt D daraufhin ordentlich. Das KSchG ist anwendbar.
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Einordnung des Falls
Verlust der Fahrlizenz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Für eine ordentliche Kündigung ist es stets erforderlich, dass ein verhaltens-, personen- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt.
Nein, das ist nicht der Fall!
2. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist ein personenbedingter Kündigungsgrund.
Ja!
4. Es liegt zwar ein personenbedingter Kündigungsgrund vor, dennoch muss als mildere Maßnahme vor der Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen werden.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
David.
9.7.2023, 15:00:14
Auch bei personenbedingten Kündigungen ist unter gewissen Voraussetzungen allerdings eine Abmahnung erforderlich, vor allem bei Grenzfällen zu verhaltensbedingten Kündigungen, wenn die Möglichkeit besteht, dass der AN den Rechtfertigungsgrund selbst wieder beseitigen kann. Z.B. wenn er eine berufs
notwendigeLizenz verloren hat, diese aber wiedererlangen kann. Nur wenn diese Möglichkeit ausgeschlossen ist, ist die personenbedingte Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich.

Lukas_Mengestu
24.8.2023, 19:07:26
Hallo David, in der Tat gibt es hier Grenzfälle. Eine Abmahnung ist erforderlich, wenn ein Verhalten existiert, dass dem Arbeitnehmer vorgeworfen werden kann und was dieser zu ändern in der Lage wäre (Warn&Hinweisfunktion). Ist der Arbeitnehmer also in der Lage einen personenbedingten Grund (fehlender Führerschein, fehlende Sprachkenntnisse...) zu ändern, so kann es tatsächlich notwendig sein, zuvor die Abmahnung auszusprechen. Selbst wenn er wollte, wird D im vorliegenden Fall aber zunächst einmal nicht an seinen Führerschein gelangen. Denn neben dem Entzug der Fahrerlaubnis wird bei Straftaten im Verkehrsbereich zugleich auch eine Sperre für die Neuerteilung erteilt (§ 69a StGB). Das Erfordernis einer Abmahnung wäre in diesem Fall reine Förmelei :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
David.
24.8.2023, 21:11:24
Hallo @[Lukas_Mengestu](136780), in dem Fall natürlich nicht das stimmt, deswegen hatte ich ja auch ein anderes Beispiel genannt, ich wollte damit auch nur aufzeigen, dass es eben auch Ausnahmen geben kann, in denen auch bei personenbedingten Kündigungen eine vorherige Abmahnung nötig ist. Insbesondere damit man aus der Aufgabe nicht den Schluss zieht, eine Abmahnung bei personenbedingten Kündigungen wäre generell nicht notwendig. Viele Grüße :)

MaxRaspody
16.6.2025, 15:59:43
"Kann sich der Arbeitnehmer allerdings auf den allgemeinen Kündigungsschutz aus dem Kündigungs
schutzgesetz(KSchG) berufen, kann er nur dann ordentlich gekündigt werden, wenn die Kündigung aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 KSchG)." (Aus der Erklärung) Es muss mE nicht stets ein personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegen, weil § 1 II KSchG auch weitere Gründe aufzählt.

Tim Gottschalk
20.6.2025, 11:49:43
Hallo @[MaxRaspody](162182), das hast du meiner Ansicht nach etwas verdreht. § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG zählt zwar auch weitere Gründe auf. Das sind aber nicht Gründe dafür, dass die Kündigung möglich ist, also Kündigungsgründe. Vielmehr zählt diese Norm weitere Unwirksamkeitsgründe für Kündigungen auf, die neben denen aus S. 1 stehen. Der Satz, wie wir ihn schreiben, ist daher korrekt. Ohne personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Kündigungsgrund ist eine Kündigung nicht möglich. S. 2 sagt nur, dass selbst eine Kündigung mit einem solchen Grund unter bestimmten weiteren Bedingungen unwirksam ist, nicht dagegen, dass ein Grund nach S. 1 in diesen Konstellationen für eine wirksame Kündigung nicht erforderlich wäre. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team