+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B tanzt auf einem wackeligen Tisch. Er überredet die zögernde K, mitzutanzen und zieht sie hoch. Der Tisch kippt, beide stürzen. K reißt u.a. eine Sehne. Sie verlangt 7.500 € Schmerzensgeld von B.

Einordnung des Falls

Tanzunfall auf der Bierbank

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen dem Verhalten des B und der Verletzung der K besteht ein logischer (äquivalenter) Ursachenzusammenhang.

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Ja, in der Tat!

Die Äquivalenztheorie ist der erste Kausalitätsfilter (hier: haftungsbegründende Kausalität). Kausal in diesem Sinne ist jedes Ereignis, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Hätte B nicht auf K eingewirkt und sie auf den Biertisch gezogen, wäre K nicht heruntergestürzt.

2. Zwischen dem Verhalten des B und der Verletzung der K besteht ein adäquater Ursachenzusammenhang.

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Ja!

Die Adäquanztheorie ist der zweite Kausalitätsfilter (hier: haftungsbegründende Kausalität). Danach darf die Möglichkeit des Schadenseintritts nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen. Es lag nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass das Einwirken des B auf K, auf dem wackligen Biertisch zu tanzen, geeignet war, einen Sturz mit Verletzungen herbeizuführen.

3. Es entspricht dem Schutzzweck der Norm (§ 823 Abs. 1 BGB), dass aus dem Verhalten des B ein Schadensersatzanspruch der K hergeleitet wird.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Zweck des § 823 Abs. 1 BGB ist der Schutz vor Fremdschädigungen. Nach der Rechtsprechung können in den Herausfordererfällen aber auch Selbstschädigungen dem Schädiger zugerechnet werden. Ein Herausforderer (z.B. Flüchtender) haftet, wenn er (1) den anderen herausgefordert hat, (2) dadurch das Risiko für Rechtsgutsverletzungen des anderen erhöht hat, (3) dieses Risiko sich verwirklicht hat, (4) dies für den Herausforderer vorhersehbar war und (5) das Verhalten des Geschädigten „mindestens im Ansatz billigenswert“ war. OLG Hamm: K habe keine billigenswerte Motivation gehabt. Sie habe sich schlicht selbst gefährdet beim Tanzen.

4. K ist an ihrem Körper bzw. ihrer Gesundheit verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB).

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Ja, in der Tat!

Verletzung des Körpers ist ein Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit. Verletzung der Gesundheit ist die Störung der körperlichen, geistigen oder seelischen Lebensvorgänge, jedes Hervorrufen oder Steigern eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustands. Beides geht ineinander über. Aufgrund der identischen Rechtsfolge ist eine Abgrenzung nicht erforderlich. K hat sich an einer Sehne verletzt.

5. Damit die Verletzung dem Schädiger zurechenbar ist, muss sie vom Schutzzweck der Norm (§ 823 Abs. 1 BGB) erfasst sein.

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Genau, so ist das!

Der Schutzzweck der Norm ist der dritte Kausalitätsfilter (relevant für mittelbar schädigende Handlungen, Schockschäden u. Herausforderer-Fällen). Auch wenn ein in § 823 I genanntes Rechtsgut betroffen ist, ist dies dem Schädiger nicht zuzurechnen, wenn der Normzweck nach Art und Entstehungsweise der Schädigung nicht berührt werde. Die eingetretene Schädigung ist dann vielmehr dem allgemeinen Lebensrisiko des Geschädigten zuzurechnen.

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