Gift
16. April 2025
12 Kommentare
4,7 ★ (13.301 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A schüttet der Antialkoholikerin B heimlich einen kleinen Schnaps in ihre Cola. B leidet deshalb eine Stunde lang unter leichter Übelkeit.
Diesen Fall lösen 62,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gift
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem A der B einen Schnaps in ihre Cola schüttet, hat er sie "an der Gesundheit geschädigt" (§ 223 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Alkohol fällt unter den Begriff des "Giftes" (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
3. Der von A eingeschüttete Schnaps ist ein "gesundheitsschädliches Gift" (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch
17.2.2021, 22:00:27
Müsste man nicht u.U. den konkreten Einzelfall berücksichtigen? Also falls das Opfer etwa ein Kind ist, wäre ein kleines Glas Schnaps in der Cola wohl deutlich gesundheitsschädlicher als bei einem Erwachsenen. Oder kommt es bei Nr. 1 um die
abstrakte Gefahran? (also kleiner Schnaps grds. „okay“)

Marilena
17.2.2021, 22:40:42
Danke Dir für die Nachfrage, Tigerwitch! Genau, um die Gesundheitsschädlichkeit des Giftes zu beurteilen, muss man den konkreten Fall betrachten, insbesondere die Menge und die Opferkonstitution. Das haben wir auch im letzten Hinweistext aufgeführt. Bei einem kleinen Kind ist das anders zu beurteilen.
Nickname
29.1.2023, 13:59:47
Ist es hier nicht etwas widersprüchlich, im Rahmen des
Taterfolgs eine
Gesundheitsschädigungzu bejahen und dann aber bei § 224 I Nr. 1 das Merkmal „Gesundheitsschädlich“ zu verneinen? Oder geht es dabei wirklich nur isoliert um die Einschränkung des Merkmals „Gifts“ aufgrund des erhöhten Strafrahmens?
Constanze.Jauch
18.4.2023, 12:08:40
Genau. Als Indiz für einen „gesundheitsschädlichen“ Stoff zählt die Dosierung, die Auswirkung auf das jeweilige Opfer. Und wie du es selber schon sagst. Die Einschränkung bedarf es, weil das Kriterium des Giftes weit gefasst ist und eine gewisse Einschränkung aufgrund des Strafrahmens vorhanden sein muss. Sonst wäre der § 224 ABS. 1 Nr. 1 grenzenlos.
Diaa
27.8.2023, 15:04:41
Dann würde ich mich bereits in der Frage auf die Dosierung und nicht allg. auf den von A geschütteten Stoff beziehen, denn Schnaps an sich ist ein alkoholisches Getränk und somit vom Begriff des Giftes umfasst.

Alicia Helena
24.11.2023, 21:30:30
wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn O Alkoholiker wäre? in der Erklärung steht ja, dass auf die konkrete Opferkonstitution Rücksicht zu nehmen ist.
Leo Lee
26.11.2023, 08:46:03
Hallo
Alicia Helena, das ist eine sehr gute Frage! Da konkret auf die Opferkonsitution abzustellen ist, kommt es bei „Gift“ in der Tat auch auf die Menge im konkreten Fall an D.h., dass es sehr gut vertretbar ist zu sagen, dass bei einem „trainierten“ Trinker oder Alkoholiker ein kleiner Schnaps nicht giftig sein wird. Hierzu kann ich die Lektüre von Fischer StGB 70. Auflage, § 224 Rn. 4 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
as.mzkw
5.10.2024, 17:10:02
@[Leo Lee](213375) Bei einem „trockenen Alkoholiker“, also einerrvon Alkohol abstinent lebenden Person kann ein „kleiner“ Schnaps durchaus giftig sein, einen Rückfall auslösen und diesen somit durchaus erheblich an der Gesundheit schädigen, sodass § 224 I Nr. 1 Alt. 1 StGB definitiv erfüllt sein könnte. Ggf. stellen sich dann aber im STB Probleme, wenn der Täter keine Kenntnis von der Abhängigkeitserkrankung des Opfers hat, sodass ggf. der Vorsatz hinsichtlich der Qualifikation entfällt, jedenfalls wenn man es als atypischen Kausalverlauf einstuft.

chris.bghs
6.1.2024, 16:02:22
Wie müsste man den Sachverhalt bewerten, wenn das Tatopfer Alkoholiker auf Entzug ist? Das Tatopfer möchte also rein subjektiv nicht mit Alkohol in Kontakt treten, durch die Handlung des Täters wird es aber wieder an Alkohol herangeführt.
Leo Lee
7.1.2024, 10:36:07
Hallo chris.bghs, vielen Dank für diese sehr gute Frage! Weil diese Var. Der gef. Körperverletzung darauf abstellt, dass im KONKRETEN Fall nach der Opferkonstitution eine schädigende Wirkung eintritt, kann man sehr gut vertreten, dass genau dies der Fall sein wird bei einem Alkoholiker (die bleibende Schäden o. schlimmer davontragn können, wenn sie wieder Alkohol zu sich nehmen nach einer längeren Auszeit) :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Jotus
24.11.2024, 15:00:54
Vorliegend wird erläutert, dass B wegen des Schnapes eine Stunde lang übel ist. Inwiefern stellt die Übelkeit einen nachteilig abweichenden Zustand der körperlichen Funktionen dar? Ich hätte stattdessen angenommen, dass durch die Überkeit das körperliche Wohlbefinden der B beeinträchtigt wird.

Stella
24.1.2025, 17:06:35
Eine
Gesundheitsschädigungliegt ja bei einem vom Normalzustand des Körpers nachteilig abweichenden (pathologischen) Zustand vor. Wenn einem übel ist, ist das ja schon ein vom Normalzustand nachteilig abweichender Zustand. Das eine schließt das andere aber nicht aus, weshalb man mMn auch eine Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens annehmen könnte (wobei hier dann wiederum die
Erheblichkeitsschwellezu beachten ist)