Teilnichtigkeit (Fall)

13. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der alleinstehende E hat in einem formgültigen Testament seine beiden Töchter T und U als Erbinnen eingesetzt. Seinen Sohn S hat er wegen dessen Austritt aus der katholischen Kirche enterbt. Die Tochter T ist bereits vor dem Erbfall verstorben.

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Einordnung des Falls

Teilnichtigkeit (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Enterbung des S ist wegen Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Nein!

Auch wenn der Werteordnung des Grundgesetzes bei der Auslegung der Sittenwidrigkeit erhebliche Bedeutung zukommt, ist eine Verfügung nicht bereits wegen eines Widerspruchs zu Art. 3 Abs. 3 GG nichtig, da der Erblasser im Rahmen seiner Testierfreiheit nicht zur Gleichbehandlung verpflichtet ist. Die Enterbung des S aus religiösen Gründen führt noch nicht zur Nichtigkeit der Verfügung wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich meist nicht aus dem Inhalt, sondern aus dem mit der Verfügung verfolgten Zweck.
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2. Die Erbeinsetzung der T ist unwirksam.

Genau, so ist das!

Eine Verfügung ist unwirksam, wenn die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts aufgrund späterer Ereignisse nicht mehr eintreten können. Da T beim Erbfall bereits vorverstorben war, ist ihre Erbeinsetzung unwirksam geworden.

3. Das Testament ist insgesamt unwirksam.

Nein, das trifft nicht zu!

Ist in einem Testament nur eine von mehreren Verfügungen unwirksam, so bewirkt dies im Zweifel nicht die Nichtigkeit der übrigen Verfügungen, § 2085 BGB (Teilunwirksamkeit). Die Wirksamkeit der Erbeinsetzung der U und die Enterbung des S bleiben von der Unwirksamkeit der Erbeinsetzung der T somit unberührt.

4. Die Tochter U ist Alleinerbin des E.

Ja!

Sind nach § 2094 Abs. 1 BGB mehrere Erben in der Weise eingesetzt, dass sie die gesetzliche Erbfolge ausschließen, und fällt einer der Erben vor oder nach dem Eintritt des Erbfalles weg, so wächst dessen Erbteil den übrigen Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile an. Durch die Einsetzung der Töchter als Erbinnen und die Enterbung des S wollte E die gesetzliche Erbfolge ausschließen. Daher wird U durch Anwachsung alleinige Erbin. S ist gemäß § 2303 Abs. 1 BGB auf seinen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (1/4).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

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PrüfungsProfi

8.11.2024, 09:54:01

Wäre die Erbeinsetzung der T auch dann unwirksam, wenn sie Kinder hat? Kommt in einem solchen Fall das Eintrittsrecht der Abkömmlinge nicht in Betracht, weil es sich eben nicht um die gesetzliche Erbfolge handelt?


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