Verhindern des Überholens
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der mit 100 km/h auf der Autobahn fahrende T hindert den hinter ihm fahrenden O am Überholen, in dem er bei jedem Überholversuch auf die linke Spur zieht. O gelingt somit kein Überholen.
Einordnung des Falls
Verhindern des Überholens
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn T "einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt", verwirklicht er den objektiven Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja, in der Tat!
2. Indem T beim Überholversuch des O auf die linke Spur zieht, übt er Gewalt aus (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja!
3. T hat O zu einem Unterlassen genötigt (§ 240 Abs. 1 StGB).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Genau, so ist das!
4. T hat gerade mit der eingesetzten Gewalt das Unterlassen des O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja, in der Tat!
Jurafuchs kostenlos testen
Rechtsanwalt B. Trüger
16.11.2023, 13:36:28
Dass Unterlassen vorliegt ist für mich verständlich. Könnte man dennoch auch darauf abstellen, dass eine Nötigung zur Duldung vorliegt, weil er akzeptieren/dulden muss, dass er nicht überholen darf?
Leo Lee
19.11.2023, 09:38:54
Hallo Rechtsanwalt B. Trüger, das könnte man in der Tat zunächst andenken. Beachte allerdings, dass dann das Problem besteht, dass man im „Erzwingen“ des Duldens die Zwangshandlung (also Gewalt oder Drohung) selbst sehen würde. Dies widerspricht dann insofern der Systematik der Nötigung, als die Nötigung ein zweiaktiges Delikt ist. D.h., hier kann das Überholen und Abschneiden des Wegs zwar als Handlung, die ein Unterlassen herbeiführen soll gesehen werden. Was jedoch nicht geht ist, dass die Gewalthandlung mit der Duldung der Gewalt gleichgesetzt werden kann. Hierzu kann ich die Lektüre von Fischer StGB 70. Auflage, § 240 Rn. 6 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo