Sitzblockade Teil II: Gewaltausübung an den folgenden Autos


mittel

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Klassisches Klausurproblem

Der Demonstrant T stört sich an der aktuellen Umweltpolitik seiner Stadt. Kurzerhand blockiert er die einzige Zufahrtstraße zum Rathaus, die die ansässigen Politiker vor einer Sitzung mit mehreren Autos gemeinsam passieren wollen, indem er sich mitten auf die Straße setzt.

Einordnung des Falls

Sitzblockade Teil II: Gewaltausübung an den folgenden Autos

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T sich auf die Straße setzt, übt er gegenüber den Führern der Fahrzeuge der zweiten Reihe "Gewalt" aus (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der klassische Gewaltbegriff setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Indem T sich auf die Straße setzt, übt er dadurch keinen unmittelbar körperlichen Zwang beim Führer der Fahrzeuge aus. Es handelt sich dabei lediglich um psychisch vermittelten Zwang, welcher sich körperlich auswirkt. Bei einer Sitzblockade kommt es aus der Sicht des Täters nicht zu einer nennenswerten Entfaltung körperlicher Kraft.

2. Indem T die Fahrer der ersten Reihe als Werkzeuge benutzt hat, hat er nach der Rspr. gegenüber den Fahrern der zweiten Reihe "Gewalt" in mittelbarer Täterschaft (§§ 240 Abs. 1 Var. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) angewendet.

Ja, in der Tat!

In Bezug auf die Fahrer der ersten Reihe liegt bei einer Sitzblockade keine taugliche Nötigungshandlung vor. Sobald sich jedoch hinter dem ersten Fahrzeug weitere Fahrzeuge aufstauen und diese an der Weiterfahrt gehindert sind, sieht die Rspr. darin eine mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB). Indem T sich auf die Straße setzt und durch dieses Verhalten den Fahrer des ersten Fahrzeugs zum Halten bringt, schafft dieser für die nachfolgenden Fahrer eine physische Barriere, da er den Demonstranten nicht überfahren will. Ein Strafbarkeitsdefizit, welches für eine mittelbare Täterschaft beim Tatmittler erforderlich ist, liegt in der Rechtfertigung des Fahrzeugführers der ersten Reihe (das BVerfG spricht insoweit von einer mittelbaren Täterschaft durch Erzeugung einer Rechtfertigungslage).

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