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Unzureichende Umsetzung wegen abweichender Formulierung, die den Inhalt ändert

Unzureichende Umsetzung wegen abweichender Formulierung, die den Inhalt ändert

26. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf eröffnet die Möglichkeit, für gebrauchte Sachen eine verkürzte Haftungsdauer von einem Jahr vorzusehen. § 476 Abs. 2 BGB a.F. sah als nationale Umsetzungsnorm vor, dass Parteien eine verkürzte Verjährungsfrist von einem Jahr vorsehen können.

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Einordnung des Falls

Unzureichende Umsetzung wegen abweichender Formulierung, die den Inhalt ändert

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die wörtliche Übernahme der Vorschriften der Richtlinie in das nationales Gesetz ist zwingend, um die Umsetzungspflicht aus Art. Art. 288 Abs.3 AEUV zu erfüllen.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine wörtliche Übernahme ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht erforderlich. Formulierungsunterschiede, welche keine Auswirkungen auf die inhaltliche Durchführung der Richtlinie haben, sind daher zulässig. Bei Richtlinien, die inhaltlich detaillierte Vorgaben enthalten, beschränkt sich der Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Formulierungen aber regelmäßig auf reine Formalia ohne inhaltliche Bedeutung.
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2. Die inhaltliche Bedeutung von Verjährungsfrist und Haftungsdauer ist identisch.

Nein!

Die Haftungsdauer entscheidet darüber, ob ein Anspruch auf Gewährleistung noch entstehen kann. Verjährungsfristen dagegen entscheiden darüber, wie lange ein bestehender Gewährleistungsanspruch durchsetzbar bleibt. Die Richtlinie entscheidet zwischen der Haftungsdauer und der Verjährungsfrist, sieht allerdings nur für die Haftungsdauer die Möglichkeit der Verkürzung auf ein Jahr vor. Diese Möglichkeit der Verkürzung der Haftungsdauer ist dem deutschen Recht fremd.

3. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 476 Abs. 2 BGB a.F. dahingehend, dass statt einer kurzen Verjährungsfrist eine kürzere Haftungsdauer vereinbar werden kann, scheidet aus.

Genau, so ist das!

Die richtlinienkonforme teleologische Reduktion einer Norm im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung ist grundsätzlich erlaubt. Eine richtlinienkonforme Auslegung erreicht ihre Grenze jedoch am Wortlaut. Eine Richtlinienkonformität könnte nur durch vollständige Verkürzung des Anwendungsbereichs der Norm erfolgen. Eine solche Derogation einer Norm ist jedoch dem Gesetzgeber vorbehalten. Die Entscheidung, wie genau die richtlinienkonforme Ausgestaltung des § 476 Abs. 2 BGB a.F. aussehen soll, muss daher dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

4. § 476 Abs. 2 BGB a.F. war richtlinienwidrig. Deutschland hatte seine Umsetzungsverpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV daher nicht erfüllt.

Ja, in der Tat!

Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthielt hinsichtlich der Haftungsdauer und der Verjährungsfristen detaillierte Regelungen. Die abweichende Formulierung stellte vorliegend nicht nur eine sprachliche Abweichung dar, sondern führt zu inhaltlichen Unterschieden. Unschädlich ist zwar, dass Deutschland die Haftungsdauer nicht verkürzt hat, weil dies den Interessen der Verbraucher zugute kommt. Nicht mit der Richtlinie vereinbar war allerdings, dass bei gebrauchten Gütern die Verjährungsfrist vertraglich auf bis zu ein Jahr verkürzt werden kann. Die Vorschrift war vor diesem Hintergrund richtlinienwidrig.Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurde zwischenzeitlich von der Warenkaufrichtlinie (WKR) abgelöst. Nach Art. 10 Abs. 3 WKR ist die Vereinbarung kürzerer Verjährungsfristen nun explizit zulässig. § 476 Abs. 2 BGB n.F. ist damit richtlinienkonform.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

johannastv

johannastv

12.2.2022, 11:11:15

Hier müsste auf die Neuerungen der Warenkaufrichtlinie reagiert werden oder? 🙂

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.2.2022, 17:16:46

Hallo Johannastv, in der Tat handelt es sich insofern nun um ein rechtshistorisches Beispiel für eine richtlinienwidrige Umsetzung. Wir haben nun klargestellt, dass die Warenkaufrichtlinie die

Verbrauchsgüterkauf

richtlinie abgelöst hat. Zudem ist in Art. 10 abs. 6 der Warenkaufrichtlinie explizit aufgenommen worden, dass auch kürzere Verjährungsfristen zulässig sind. Auch hierzu haben wir einen Hinweis aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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