Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2021
Ablehnung eines Richters wegen Voräußerungen in einem anderen Verfahren
Ablehnung eines Richters wegen Voräußerungen in einem anderen Verfahren
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist afghanischer Staatsangehöriger. Sein Asylantrag in Deutschland wird abgelehnt. Dagegen erhebt A Klage. Im Klageverfahren lehnt A den zuständigen Einzelrichter R wegen Besorgnis der Befangenheit ab: R hatte 2019 in einem Urteil gegen Migration gewettert. Das VG weist As Ablehnungsantrag zurück.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Ablehnung eines Richters wegen Voräußerungen in einem anderen Verfahren
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A kann gegen die zurückweisende Entscheidung des VG über As Ablehnungsantrag die Verfassungsbeschwerde erheben (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a BVerfGG).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Damit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, müsste A beschwerdebefugt sein.
Ja, in der Tat!
3. A kann unter Verweis auf die mögliche Befangenheit von R eine Verletzung seines Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) rügen. Er ist beschwerdebefugt.
Ja!
4. Eine Verfassungsbeschwerde ist zulässig, auch wenn der Beschwerdeführer andere prozessuale Möglichkeiten hatte, die Grundrechtsverletzung zu korrigieren.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn A durch die Entscheidung des VG in seinem Grundrecht aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verletzt ist.
Ja, in der Tat!
6. A hatte hinsichtlich des Urteils aus 2019 erkennbar eine andere Rechtsauffassung vertreten als R. Schon deshalb war der VG-Beschluss, den Befangenheitsantrag des A abzulehnen, willkürlich und verfassungswidrig.
Nein!
7. Im Urteil aus 2019 hatte R das NPD-Wahlplakat „Stoppt die Invasion: Migration tötet“ genehmigt und gegen Zuwanderung gehetzt. Deshalb war der VG-Beschluss, den Befangenheitsantrag des A abzulehnen, willkürlich und verfassungswidrig.
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Philipp Paasch
19.7.2022, 23:50:52
Finde es natürlich schon stramm, dass der Richter geschrieben hat „Nach vorstehenden Ausführungen ist der Wortlaut des inkriminierten Wahlplakats der Klägerin ‚Migration tötet‘ nicht als volksverhetzend zu qualifizieren, sondern als die Realität teilweise darstellend zu bewerten. In der Tat hat die Zuwanderungsbewegung nach Deutschland ab dem Jahr 2014/2015 zu einer Veränderung innerhalb der Gesellschaft geführt, die sowohl zum Tode von Menschen geführt hat als auch geeignet ist, auf lange Sicht zum Tod der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu führen. […] Allein dem erkennenden Gericht sind Fälle bekannt, in denen Asylbewerber zu Mördern wurden." Da bei einer Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit der Schein genügt, scheint die VB begründet zu sein. 🙈
NJGHD
28.7.2022, 12:57:55
Guter Kommentar, das verdeutlich nochmal das Urteil
Simon
23.11.2023, 22:23:41
Warum war gegen den Beschluss des VG nicht die sofortige Beschwerde gem. § 54 I VwGO iVm § 46 II Alt. 2 ZPO und § 146 I VwGO statthaft?
Linne_Karlotta_
21.11.2024, 16:41:17
Hey Simon, danke für deine Frage. Beachte hier die Ausnahmeregelung in § 146 Abs. 2 VwGO: Beschlüsse, die ein Ablehnungsgesuch eines Richters betreffen, sind nicht mit der Beschwerde angreifbar. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs–Team