Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

AGB

Unwirksamer Ausschluss der Haftung für Verletzung von Körper, Leib und Leben (§ 309 Nr. 7 a) und b) BGB)

Unwirksamer Ausschluss der Haftung für Verletzung von Körper, Leib und Leben (§ 309 Nr. 7 a) und b) BGB)

22. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

F kauft von Gebrauchtwagenhändlerin G ein gebrauchtes Auto für €7.000. Der formularmäßige Kaufvertrag enthält eine Klausel, wonach die Haftung für sämtliche Schäden, die vom Verwender oder seinen Gehilfen fahrlässig oder grob fahrlässig verursacht wurden, ausgeschlossen sind.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Unwirksamer Ausschluss der Haftung für Verletzung von Körper, Leib und Leben (§ 309 Nr. 7 a) und b) BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Verwender kann in AGB die Haftung für vorsätzliche Pflichtverletzungen ausschließen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit ist nach § 309 Nr. 7 a) ein Haftungsausschluss für fahrlässige Pflichtverletzungen des AGB-Verwenders selbst sowie für vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen unwirksam. Dass die Begrenzung der Vorsatzhaftung für den Verwender selbst ausgeschlossen ist, ergibt sich dagegen nicht aus dem AGB-Recht, sondern folgt direkt aus § 276 Abs. 3 BGB. Die Unwirksamkeit setzt nicht voraus, dass die Klausel die Haftung für Körperschäden ausdrücklich beschränkt. Vielmehr genügt es, dass die Klausel für diese Schäden keine Ausnahme vorsieht.
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2. Die Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 7 b) BGB, da die Haftung für sonstige Schäden unzulässig beschränkt wurde.

Ja, in der Tat!

Bei sonstigen Schäden ist nach § 309 Nr. 7 b) eine Freizeichnung von leichter Fahrlässigkeit grundsätzlich zulässig, aber ein Haftungsausschluss für grob fahrlässige Pflichtverletzung des Verwenders selbst oder für vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders unwirksam. Dass die Begrenzung der Vorsatzhaftung für den Verwender selbst ausgeschlossen ist, ergibt sich bereits aus § 276 Abs. 3 BGB. Die Klausel im Kaufvertrag zwischen F und G schließt die Haftung für sonstige Schäden nicht nur für leichte Fahrlässigkeit, sondern auch für grob fahrlässige Pflichtverletzungen aus. Daher ist sie nach § 309 Nr. 7 b) BGB unwirksam.

3. Die AGB-Klausel bleibt im Übrigen wirksam, sodass zumindest die Haftung für sonstige Schäden bezüglich leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist.

Nein!

In § 306 BGB findet sich keine ausdrückliche Regelungen zu AGB-Klauseln, die nur zum Teil unwirksam sind. Eine geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen AGB-Klausel auf ihren noch zulässigen Inhalt ist nach ganz herrschender Meinung aber unzulässig. Ansonsten könnte der Verwender risikolos überzogene AGB einführen, was dem Zweck des Gesetzes, Verbraucher vor unwirksamen Klauseln zu schützen, zuwiderlaufen würde. Die nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksame AGB-Klausel ist insgesamt unwirksam und darf nicht auf ihren nach § 309 BGB zulässigen Teil reduziert werden. Die Haftung ist daher auch nicht für leichte Fahrlässigkeit bezüglich sonstiger Schäden beschränkt.

4. Die Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 7 a) BGB, da die Haftung für Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit unzulässig beschränkt wurde.

Ja, in der Tat!

Für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit ist nach § 309 Nr. 7 a) ein Haftungsausschluss für fahrlässige Pflichtverletzungen des AGB-Verwenders selbst sowie für vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen unwirksam. Die Klausel im Kaufvertrag zwischen F und G schließt die Haftung für sämtliche Schäden aus, die vom Verwender oder seinen Gehilfen fahrlässig verursacht wurden. Da sie keine Ausnahme für die Verletzung von Leben, Körper und Freiheit beeinhaltet und daher die Haftung unzulässig für fahrlässige Pflichtverletzungen beschränkt, ist die Klausel nach § 309 Nr. 7 a) BGB unwirksam.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Kind als Schaden

Kind als Schaden

15.4.2024, 18:26:25

Würde man überhaupt zu einer

Inhaltskontrolle

gelangen, wenn wir bloß den Verstoß gegen § 276 III hätten? Um diesen Verstoß festzustellen, bedarf es ja eigentlich wegen § 306 II keiner

Inhaltskontrolle

mehr. Auch im vorliegenden Fall stellt sich mir die Frage, ob man zu § 276 nicht bereits vor der

Inhaltskontrolle

im Gutachten etwas sagen würde.

Skra8

Skra8

14.10.2024, 12:26:14

Hi @[Kind als Schaden](207572), interessante Frage, aber letztlich musst Du ja irgendwie zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen des § 306 Abs. 2 BGB vorliegen. Entsprechend stellt sich ja nur die Frage, wie Du zu dem Ergebnis kommst, dass § 306 Abs. 2 BGB einschlägig ist. In diesem Zusammenhang steige ich leider noch nicht dahinter, an welcher Stelle Du vor der

Inhaltskontrolle

auf die Frage des § 276 Abs. 3 BGB zu sprechen kommen würdest. Weder bei der Frage des (1) Anwendungsbereichs noch bei der (2) Frage des Vorliegens von AGB gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, noch in der (3) Einbeziehungskontrolle wird die Frage richtig aufgeworfen. Wenn man es darauf anlegen möchte, könnte man ggf. darüber nachdenken, eine solche Klausel als

überraschende Klausel

gemäß § 305c Abs. 1 BGB einzustufen, aber eigentlich gehört die Frage nicht dorthin, und ich meine, dass man sich damit in einer Klausur ordentlich aufs Gesicht legen kann. Selbst wenn die Frage nach SE-Pflichten gestellt ist, wirst Du um die Frage nicht herumkommen, wenn

Vorsatz

verschulden per AGB ausgeschlossen worden ist; denn Du würdest die Vereinbarung ja auf ihre Wirksamkeit prüfen müssen und würdest entsprechend im Rahmen einer Inzidentprüfung der AGB bei derselben Frage landen. Vielleicht übersehe ich auch ein Szenario, in dem man anders vorgehen könnte oder sollte, aber ich würde auch in Fällen des § 276 Abs. 3 BGB bis zur

Inhaltskontrolle

prüfen. Gib mir doch gerne einen Hinweis, woran Du konkret gedacht hast?

BEN

benjaminmeister

1.12.2024, 18:34:42

@[Kind als Schaden](207572) im Gutachten würde sich die Frage ja wirklich nur stellen, wenn dann der Verwender vorsätzlich einen Schaden herbeiführt. Das wird in einer Klausur meiner Meinung nach selten der Fall sein (habe ich genauer gesagt sogar noch nie gesehen), weil man - wie richtig bereits angedacht - wegen § 276 Abs. 3 BGB gar keine AGB-Kontrolle braucht. Das könnte man mMn. regelmäßig dann bereits ohne AGB-Kontrolle ansprechen und das Thema abhaken und sagen die Klausel ist wegen § 276 Abs. 3 BGB unwirksam. Wie gesagt, das wird selten der Fall sein. Meistens wird entweder der Verwender fahrlässig oder der Erfüllungsgehilfe fahrlässig/vorsätzlich handeln, so dass man nicht schon mit § 276 Abs. 3 BGB rausfliegt.


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