§ 309 Nr. 7

22. Mai 2025

28 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A kauft von Partyladen P 50 Heliumballons für seine private Geburtstagsfeier. Im Vertrag, den P dem A vorlegt, steht in § 1 AGB, dass die Haftung für Vorsatz des P ausgeschlossen ist. § 2 der AGB legt fest, dass die Haftung für Vorsatz von Erfüllungsgehilfen des P ebenfalls ausgeschlossen ist.

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Einordnung des Falls

§ 309 Nr. 7

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Handelt A beim Kauf der Ballons als Verbraucher (§ 13 BGB)?

Genau, so ist das!

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Unternehmer ist jede Person, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (§ 14 Abs. 1 BGB). Als Verbraucher gelten nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmer, sofern nur der Vertragszweck ihrer Privatsphäre zuzuordnen ist (§ 13 BGB). A kauft die Heliumballons für seine private Geburtstagsfeier. Er richtet gewerblich oder beruflich weder solche Feiern aus, noch handelt er in diesem Umfang mit Ballons. Der Kauf ist daher überwiegend weder seiner gewerblichen noch seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen und A folglich insoweit Verbraucher.
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2. § 1 der AGB unseres Falls verstößt (gegenüber einem Verbraucher) gegen § 309 Nr. 7 BGB und ist daher unwirksam.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Unzulässigkeit eines Haftungsausschlusses für Vorsatz des Verwenders ergibt sich bereits aus § 276 Abs. 3 BGB. Die Vorschrift ist Ausdruck davon, dass niemand der Willkür des anderen Vertragspartners ausgesetzt sein soll. Die Unzulässigkeit von Haftungsausschlüssen bezüglich des Vorsatzes des Verwenders ist daher nicht nochmal in § 309 Nr. 7 BGB erwähnt. § 1 AGB stellt einen vorab vereinbarten Haftungsausschluss für vorsätzliche Pflichtverletzungen des Verwenders P dar, der bereits nach § 276 Abs. 3 BGB unwirksam ist.

3. § 2 AGB verstößt (gegenüber einem Verbraucher) gegen § 309 Nr. 7 BGB und ist daher unwirksam.

Ja!

Die Unzulässigkeit eines Haftungsausschlusses für Vorsatz von gesetzlichen Vertretern oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders ergibt sich ausdrücklich aus § 309 Nr. 7 a) und b) BGB sowohl für Personenschäden als auch für sonstige Schäden. Der Ausschlussgrund des § 276 Abs. 3 BGB findet wegen § 278 S. 2 BGB keine Anwendung. § 2 AGB schließt die Vorsatzhaftung von Erfüllungsgehilfen des P hinsichtlich sämtlicher Schäden aus. Die Klausel verstößt so gegen § 309 Nr. 7 a) und b) und ist deshalb unwirksam.

4. Die AGB-Prüfung würde sich in unserem Fall selbst dann nicht wesentlich unterscheiden, wenn A Unternehmer wäre (§ 14 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 310 Abs. 1 BGB finden insbesondere § 309 BGB, aber auch einige andere Bestimmungen keine Anwendung, wenn die AGB gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Die AGB-Prüfung wird dadurch also in mehrfacher Hinsicht modifiziert.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SI

silasowicz

15.8.2023, 10:34:44

§ 278 S. 2 bedeutet aber, dass ein individualvertraglich ausgehandelter Ausschluss der Haftung für

Vorsatz

des Dritten möglich wäre?

Dogu

Dogu

22.11.2023, 23:25:54

Für jeden Dritten nicht, aber für

Erfüllungsgehilfe

n schon. : )

AN

Antonia

10.8.2024, 14:40:41

Würde die Unzulässigkeit des Haftungsausschluss für

Vorsatz

des Verwenders dann gar nicht in die AGB Prüfung aufgenommen, sondern vorher unter einem gesonderten Prüfungspunkt zB „Unwirksamer Haftungsausschluss nach §276 III“ geprüft?

TI

Timurso

10.8.2024, 16:56:46

Ja, grundsätzlich wäre das der Weg. Ich bin mir nicht sicher, ob man das dogmatisch schöner auch über die §§ 134,

139 BGB

iVm. § 276 III BGB herleiten kann, im Kommentar find ich dazu nichts. Aber eigentlich dürfte es ein Fall davon sein imo.

LELEE

Leo Lee

11.8.2024, 07:19:08

Halo Antonia, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wie Timurso zu Recht angemerkt hat, ist 276 III „separat“ anzuprüfen, also unabhängig von einer AGB-Prüfung :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

AN

Antonia

11.8.2024, 14:43:05

Danke euch beiden!

BEN

benjaminmeister

1.12.2024, 18:47:09

Hier würde ich gerne mal zu der Aussage von @[Timurso](197555) einhaken, wegen dem Abstellen auf §

134 BGB

. Irgendwie meldet sich da mein Bauchgefühl, dass das ein komischer/ungewöhnlicher Weg ist, aber ich finde die Idee interessant. Ich würde sie allerdings mit folgender Begründung (ohne allzu tiefe Recherche…) ablehnen: Ich habe bei den BGB AT Aufgaben irgendwo aufgeschnappt, dass §

134 BGB

regelt, das etwas nicht vorgenommen werden DARF, was eigentlich vorgenommen werden KANN. § 276 Abs. 3 BGB liest sich für mich aber als Wirksamkeitsbeschränkung, also die Haftungsbeschränkung bzgl.

Vorsatz

es ist nicht (nur) verboten, sondern schlechthin umöglich (Wortlaut "kann […] nicht"). Weshalb der Weg über §§ 134,

139 BGB

iVm. § 276 Abs. 3 BGB mMn. falsch ist. Hat dazu noch jemand kluge Gedanken oder mehr Hintergrundwissen?


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