Werbung 2: Tabak für Kirchenaustritt

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Katholik K sitzt wegen Diebstahls im Gefängnis. Den Protestantismus hält er für einen Irrweg und verspricht seinen protestantischen Mit-Häftlingen Tabak, wenn sie aus der evangelischen Kirche austreten. Wärter W unterbindet das Werben des K.

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Einordnung des Falls

Werbung 2: Tabak für Kirchenaustritt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Andersgläubige von ihrem Glauben abzuwerben, fällt in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit.

Ja!

Die Bekenntnisfreiheit als forum externum der Glaubensfreiheit umfasst, für die eigene Religion zu werben und Propaganda zu betreiben. Diese Freiheit erstreckt sich sowohl auf das Anwerben von Mitgliedern im Allgemeinen als auch das Abwerben von Mitgliedern anderer Religionen. Mitglieder anderer Religionen von ihrem Glauben abzuwerben fällt mithin in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG).
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2. Das Abwerben von Mitgliedern anderer Religionen ist auch unter Zuhilfenahme von unsittlichen Mitteln erlaubt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Freiheit, für die eigene Religion zu werben und Propaganda zu betreiben, erstreckt sich sowohl auf das Anwerben als auch das Abwerben. Umfasst ist neben dem Recht, für eine bestimmte Religion zu werben auch das Recht, gegen eine bestimmte Religion oder Überzeugung zu werben (sog. "Gegenpropaganda"). Jegliches Werben ist jedoch nur unter der Voraussetzung geschützt, dass kein Missbrauch dieser Freiheit erfolgt. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn der Versuch des Werbens unter Zuhilfenahme unlauterer Methoden, unsittlicher Mittel oder unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses erfolgt. Das Anwerben im Allgemeinen als auch das Abwerben von Mitgliedern anderer Religionen darf nicht in missbräuchlicher Verwendung der Religionsfreiheit, das heißt nicht unter Zuhilfenahme unlauterer Methoden, unsittlicher Mittel oder unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses erfolgen.

3. K bietet seinen Mit-Häftlingen im Gegenzug für den Austritt aus der evangelischen Kirche Tabak an. Handelt es sich dabei um ein unsittliches Verhalten?

Ja, in der Tat!

Die Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG umfasst das Recht, sowohl für als auch gegen eine bestimmte Religion oder Überzeugung zu werben. Beides ist jedoch nur unter der Voraussetzung geschützt, dass die Religionsfreiheit nicht zum Zweck des Werbens missbraucht wird. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn der Versuch des Werbens unter Zuhilfenahme unlauterer Methoden, unsittlicher Mittel oder unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses erfolgt. Das Verhalten des K, seinen Mit-Häftlingen im Gegenzug für den Austritt aus der evangelischen Kirche Tabak anzubieten, zählt als Zuhilfenahme eines unsittlichen Mittels, entfaltet das Angebot eines raren Konsumguts in Haft eine potenziell starke Überzeugungswirkung. Somit liegt hier ein Missbrauch der Glaubensfreiheit vor, sodass der Schutzbereich der Glaubensfreiheit nicht eröffnet ist.
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