Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
Entscheidungen von 2018
Anforderungen an den Rücktritt von beendeten Versuch: Mitverursachen der Nichtvollendung
Anforderungen an den Rücktritt von beendeten Versuch: Mitverursachen der Nichtvollendung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T sticht mit Tötungsvorsatz auf seine Freundin O ein. O blutet stark. T flieht zu V und bittet ihn, zu O zu fahren und O zu helfen. Als V bei O ankommt, ist der Arzt schon da. Dieser bittet V, mit einer Blutprobe der O zur Klinik vorzufahren, damit dort die Not-OP vorbereitet werden kann. O überlebt.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Diese Entscheidung des BGH beschäftigt sich mit den Anforderungen an einen Rücktritt vom beendeten Versuch. Dafür ist grds. das Ingangsetzen einer neuen Kausalkette nötig, welche für die Vollendung zumindest mitursächlich ist. Für dieses Ingangsetzen reicht auch aus, dass der Täter Dritte hinzuzieht. Andere Motive als die der Verhinderung der Tatvollendung, stehen dem Rücktritt nicht entgegen. Ebenso schließt es einen strafbefreienden Rücktritt nicht aus, wenn der Täter mehr hätte tun können, um die Vollendung mit größerer Sicherheit zu verhindern.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat T sich wegen Totschlags (§ 212 StGB) strafbar gemacht?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist der Versuch des Totschlags strafbar?
Ja, in der Tat!
3. Hat T sich durch das Zustechen mit dem Messer zunächst eines versuchten Totschlags schuldig gemacht?
Ja!
4. Ist T durch das Aufgeben der weiteren Tatausführung vom Versuch zurückgetreten?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Hat T die Vollendung der Tat verhindert. Ein Rücktritt liegt vor?
Ja, in der Tat!
Fundstellen
Prüfungsschema
Wie prüfst Du den Rücktritt vom beendeten Versuch im Fall des § 24 Abs. 1 S. 2 StGB?
- Kein fehlgeschlagener Versuch
- Beendeter Versuch
- Keine Vollendung, ohne Zutun des Täters
- Rücktrittshandlung: Ernsthaftes Bemühen der Erfolgsabwendung (§ 24 Abs. 1 S. 2 StGB)
- Freiwilligkeit
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Amtsanwaltsanwärter
26.2.2021, 20:39:20
Eine Anschlussfrage mit den erfüllten Delikten wäre noch sinnvoll.
FML
4.4.2021, 09:37:30
Nicht wirklich. Viel bleibt nicht übrig. 223,
224 StGBliegt auf der Hand. Das spannende sind hier ja gerade die Voraussetzungen des Rücktritts.
jomolino
26.10.2021, 07:34:49
Ist nicht eigentlich die Variante der Nichtvollendung ohne Zutun des T gegeben? Die vom ihm in Gang gesetzte Kausalkette war ja gerade nicht ursächlich, auch wenn sie mitunter ausreichend für ernstliche Rücktrittsbemühungen war?
Lukas_Mengestu
26.10.2021, 10:19:39
Gut gesehen, nomamo. Das Ausgangsgericht hatte mit dieser Begründung einen Rücktritt sogar verneint. Der BGH hat indes ausreichen lassen, dass die Rettungsmaßnahme des T (mit-)ursächlich ist und insoweit festgestellt, dass dies der Fall wäre, wenn die Lieferung der Blutkonserve ins Krankenhaus durch zur vorbereitung der geeigneten Blutkonserven notwendig gewesen wäre und insoweit eine neue Kausalkette in Gang gebracht hätte. Aus diesem Grund ist hier keine Nichtvollendung ohne Zutun gegeben, sondern tatsächlich die Verhinderung der Vollendung nach § 24 Abs. 1 S. 1 2. Alt. StGB. Beste Grüße, Luaks - für das Jurafuchs-Team
jomolino
26.10.2021, 10:41:09
Ah ok danke, das ging für mich dann so nicht aus dem Sachverhalt hervor, aber es gilt ja im dubio pro reo. Nimmt man daher an dass die Konserve zumindest mitursächlich geworden ist?
Lukas_Mengestu
26.10.2021, 10:46:01
Genau :)