Verschiedene Zwangsmittel (Übersicht)

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ignoriert seit Monaten einen ihm bekanntgegebenen Verwaltungsakt, wonach er einen illegal errichteten Bauzaun entfernen soll. Sachbearbeiter S will nun endlich Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung einleiten. Er fragt sich, in welcher Form das möglich und sinnvoll ist.

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Einordnung des Falls

Verschiedene Zwangsmittel (Übersicht)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S will eine Geldforderung gegenüber A durchsetzen.

Nein!

Wenn ein Adressat einen Verwaltungsakt nicht befolgt, kann die Behörde die Befolgung mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung (= Verwaltungszwang) erreichen. Zum einen können Geldforderungen zwangsweise durchgesetzt werden. Möglich ist aber auch die Vollstreckung von Verwaltungsakten, die zur Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verpflichten (vgl. § 6 Abs. 1 VwVG). S will erreichen, dass A einen Verwaltungsakt befolgt, der A zur Vornahme einer Handlung (= Abbau der Zäune) verpflichtet. Dies ist im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung möglich. In der Klausur wird es meistens um die Vollstreckung von Verwaltungsakten im Sinne von § 6 Abs. 1 VwVfG gehen.
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2. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein Verwaltungsakt durchgesetzt werden kann.

Genau, so ist das!

In § 9 Abs. 1 VwVG finden sich drei Möglichkeiten, wie die Behörde einen Verwaltungsakt durchsetzen kann. Die möglichen Maßnahmen werden als „Zwangsmittel“ bezeichnet. Die Zwangsmittel sind (1) das Zwangsgeld und die Zwangshaft, (2) die Ersatzvornahme und (3) der unmittelbare Zwang. Jedes Zwangsmittel hat spezielle Voraussetzungen, die in §§ 10, 11 und 12 VwVG geregelt sind.S stehen die in § 9 VwVG geregelten Zwangsmittel zur Verfügung.§ 9 Abs. 2 VwVG bestimmt für alle Zwangsmittel, dass diese verhältnismäßig sein müssen und das Zwangsmittel ausgewählt werden soll, welches dem Betroffenen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt.

3. Die Wahl des richtigen Zwangsmittels richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.

Ja, in der Tat!

Das richtige Zwangsmittel bestimmt sich vor allem danach, welche Art der Verfügung durchgesetzt werden soll. Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, nicht erfüllt, kann die Vollzugsbehörde gem. § 10 VwVG einen anderen mit der Vornahme der Handlung auf Kosten des Pflichten beauftragen (= Ersatzvornahme). § 11 VwVG regelt das Zwangsgeld, welches vor allem dann in Betracht kommt, wenn die Handlung nicht durch einen anderen vorgenommen werden kann und nur vom Willen des Pflichtigen abhängt. Schließlich kommt sog. unmittelbarer Zwang gem. § 12 VwVG in Betracht, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel führen oder untunlich sind. S muss sich mit den §§ 10ff. VwVG beschäftigen, um das richtige Mittel für den konkreten Fall des A zu finden.

4. Zur Durchsetzung des Rückbaus kommt vor allem die Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 11 VwVG) in Betracht.

Nein!

Ein Zwangsgeld kommt gem. § 11 Abs. 1 S. 1 VwVG vor allem in Betracht, wenn eine Handlung durch keinen anderen als den Adressaten des Verwaltungsakts vorgenommen werden kann (sog. unvertretbare Handlung). Bei dem Rückbau des Zauns handelt es sich um eine Handlung, die nicht nur von A, sondern auch durch Dritte - zum Beispiel durch ein Bauunternehmen - vorgenommen werden kann. Die Handlung ist damit nicht „unvertretbar“.Ein Zwangsgeld kommt ausnahmsweise auch zur Durchsetzung von vertretbaren Handlungen in Betracht, wenn eine Ersatzvornahme „untunlich“ ist (§ 11 Abs. 1 S. 2 VwVG). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der durch den Verwaltungsakt verpflichtete außerstande ist, die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen.

5. Da es sich bei dem Rückbau des Zauns um eine vertretbare Handlung handelt, kommt die Ersatzvornahme in Betracht.

Genau, so ist das!

Kann die Handlung auch von Dritten vorgenommen werden (= vertretbare Handlung), kommt grundsätzlich vorrangig das Mittel der Ersatzvornahme in Betracht. Damit kann die Behörde das Ziel der Verfügung am effizientesten und schnellsten erreichen. Bei dem Rückbau des Zauns handelt es sich um eine Handlung, die nicht nur von A, sondern auch durch Dritte - zum Beispiel durch ein Bauunternehmen - vorgenommen werden kann. S könnte unter Einhaltung des entsprechenden Verfahrens einen Dritten mit dem Rückbau beauftragen und A die Kosten auferlegen. Ein Zwangsgeld kommt ausnahmsweise auch zur Durchsetzung von vertretbaren Handlungen in Betracht, wenn eine Ersatzvornahme „untunlich“ ist (§ 11 Abs. 1 S. 2 VwVG). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der durch den Verwaltungsakt verpflichtete außerstande ist, die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAT

Patrick4219

4.2.2024, 18:12:50

Laut unserem Dozenten wird in der Praxis nahezu immer zuerst auf das Zwangsgeld zurückgegriffen, da die

Behörde

n sich die Arbeit mit dem

Kostenbescheid

sowie das Inwolvenzrisiko sparen möchten. Weiß jemand wie dieses Vorgehen auf materiell rechtmäßige Beine gestellt wird? Hofft die

Behörde

einfach darauf, dass niemand die Vollstreckung angreift und der Fehler nicht auffällt oder wird hier mit der Untunlichkeit etwas großzügiger Argumentiert?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

12.2.2024, 12:33:12

Hallo Patrick, vielen Dank für die Nachfrage. Hier sind zwei Punkte zu berücksichtigen: (1) Der Rückgriff auf die Ersatzvornahme ist untunlich, wenn der Pflichtige außerstande ist, die

Kosten der Ersatzvornahme

zu tragen (BeckOK VwVfG/Deusch/Burr, 61. Ed. 1.4.2022, VwVG § 11 Rn. 7). Ein mögliches Insolvenzrisiko kann also in der Tat dazu führen, dass die Ersatzvornahme auch bei vertretbaren Handlungen ausnahmsweise untunlich ist. Zudem haben einige Länder (u.a. Baden-Württemberg) ihren

Behörde

n ein Auswahlermessen im Hinblick auf die Zwangsmittel eingeräumt, sodass sie auch bei vertretbaren Handlungen stets entscheiden können, welches Zwangsmittel sie einsetzen. Aus den von Dir genannten Gründen ließe sich dann erklären, warum dann verstärkt auf das Zwangsgeld zurückgegriffen wird. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

rex ipso iure

rex ipso iure

18.2.2024, 23:24:57

Wer A sagt muss auch B sagen. Wo ist „(2)“ ? 🤣🤣✌️✌️

HAGE

hagenhubl

4.9.2024, 10:50:11

Aber wenn der Pflichtige die Kosten für die Ersatzvornahme nicht zahlen kann, kann er das Zwangsgeld erst recht nicht zahlen.

PAT

Patrick4219

5.9.2024, 21:52:26

Das stimmt aber das kann der

Behörde

ja egal sein, da sie keine Mehrkosten durch das Zwangsgeld hat und dieses ggf. auch durch die Zwangsvollstreckung beitreiben kann. Bei der Ersatzvornahme hingegen geht die

Behörde

ja quasi in Vorkasse für den Bürger.

MrInsaaane

MrInsaaane

28.2.2024, 17:40:16

§ 6 I VwVG


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