Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Handelsregister und sonstige Rechtsscheintatbestände
Publizität des Handelsregisters, Negative Publizität, § 15 Abs. 1 HGB (fehlende Voreintragung)
Publizität des Handelsregisters, Negative Publizität, § 15 Abs. 1 HGB (fehlende Voreintragung)
2. Juli 2025
11 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

C tritt als Gesellschafter in die Surf X OHG ein und scheidet zwei Jahre später wieder aus. Weder der Eintritt, noch das Ausscheiden wurden in das Handelsregister eingetragen. Nach dem Ausscheiden schließt die OHG mit G einen Kaufvertrag über 10 Surfboards zum Preis von €6.000. G möchte C in Anspruch nehmen.
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Einordnung des Falls
Publizität des Handelsregisters, Negative Publizität, § 15 Abs. 1 HGB (fehlende Voreintragung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. C's Ausscheiden ist eine eintragungspflichtige Tatsache (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
2. C's Ausscheiden wurde nicht in das Handelsregister eingetragen (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja!
3. § 15 Abs. 1 HGB greift hier nicht, da bereits C‘s Eintritt in die Gesellschaft nicht eingetragen wurde und somit kein schutzbedürftiges Vertrauen in C‘s Gesellschafterstellung besteht.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. G wusste nichts von C’s Ausscheiden im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
5. G kann C wegen der Kaufpreisforderung gegen die OHG in Anspruch nehmen (§ 433 Abs. 2 BGB i.V.m. § 126 S. 1 HGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Amastris
5.11.2023, 19:23:43
Muss man im Fall davon ausgehen, dass der Vertragspartner zuvor wusste, dass C überhaupt jemals Gesellschafter der OHG war (obwohl dies nicht eingetragen war) sodass sich hierdurch ein Schutzbedürfnis ergibt, das sich im Falle des nicht eingetragenen Ausscheidens auf das Vertrauen stützt, dass C doch bisher Gesellschafter war? Wusste der Vertragspartner nicht, dass C jemals Gesellschafter war, dürfte doch auch kein
Vertrauensschutzdarüber bestehen da beides nicht eingetragen war?

Nora Mommsen
7.11.2023, 11:56:59
Hallo Amastris, ein guter Gedanke. Letztendlich würde dies aber den besonders nachlässigen Gesellschafter schützen. Daher besteht auch bei der sog. "doppelt-nicht eingetragenen Tatsache" ein abstrakter
Vertrauensschutz. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Steinfan
9.5.2024, 18:32:12
§ 137 HGB wäre hier mE schon eine Erwähnung wert, schließlich ergibt sich hieraus im Umkehrschluss die Voraussetzung, dass die Gesellschafterstellung zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit vorgelegen haben muss. Es wird für mich persönlich nicht richtig deutlich, dass es konkret diese Voraussetzung ist, über die in diesem Fall § 1
5 HGBhinweghilft. Außerdem wäre mE eben der Vollständigkeit zu erwähnen, dass der Anspruch nach dem Ausscheiden nur unter den Voraussetzungen des § 137 HGB fortbesteht. LG

Major Tom(as)
15.3.2025, 13:25:42
Für die herrschende Meinung, dass man sich einmal auf die wahre Lage, einmal auf die scheinbare berufen kann, gibt es die schöne Bezeichnung als "
Rosinentheorie" - der Vertragspartner darf sich schließlich die "Rosinen herauspicken, die ihm gut passen". Ich persönlich kann mir das mit diesem Stichwort noch besser merken und dachte, vielleicht geht das noch mehr Menschen so, daher hier der Hinweis :)
Julian
28.4.2025, 13:52:14
Hallo Major Tom(as), ich gebe dir Recht, dass die
Rosinentheoriewichtig ist, trotzdem würde ich das vorliegende Problem eher unter dem Stichwort "Sekundärer Unrichtigkeit des HReg" fassen

MaxRaspody
17.6.2025, 17:05:53
Wie trägt man das ein? Kann man eintragen, dass G nicht Gesllschafter ist, obwohl das auch nie eingetragen war?
Leo Lee
20.6.2025, 03:42:36
Hallo MaxRaspody, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Die Tatsache, dass man "nicht Gesellschafter ist", kann nicht eingetragen werden (also zumindest ist mir kein TB bekannt, der eine solche Eintragung vorsieht). Und daher kommt auch das Problem der doppelten Unrichtigkeit. Ausgangspunkt und Problem ist hier nämlich, dass die Tatsache, dass jemand GERADE Gesellschafter ist (was auch eintragungspflichtig ist), nicht eingetragen wird. Normalerweise würde man also eintragen, dass etwa Person A Gesellschafter ist. Scheidet er aus, würde man das Ausscheiden ebenfalls eintragen. Nun stellt sich also die Frage, ob man überhaupt das Ausscheiden eintragen muss, wenn ebendieser Gesellschafter zuvor nicht mal "positiv" eingetragen wurde. Kurzum: Muss man nicht eingetragene
Tatsachenwieder "austragen"? Deshalb lautet die Antwort auf deine Frage, dass nach der wohl h.M. zwar nicht die "Nicht-Gesellschafter-Eigenschaft", aber eben das Ausscheiden (auch wenn zuvor nicht positiv die Gesellschaftereigenschaft eingetragen wurde), eingetragen werden muss. Das Ausscheiden würde dann ganz normal wie jede andere Eintragungspflichtige Sache eingetragen werden. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-HGB 6. Auflage, Krebs § 15 Rn. 39 f. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo