Zivilrechtliche Nebengebiete

Handelsrecht

Vertretung des Kaufmanns

Umfang der Prokura, Niederlassungsprokura, § 50 Abs. 3 HGB

Umfang der Prokura, Niederlassungsprokura, § 50 Abs. 3 HGB

25. November 2024

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Jurafuchs

Die AM-Gastro GmbH betreibt mehrere Restaurants und Bars in Stuttgart. Geschäftsführerin G erklärt der Mitarbeiterin P, sie erteile ihr Prokura. P solle nur zu solchen Geschäfte ermächtigt sein, die im Zusammenhang mit der von der AM-Gastro GmbH betriebenen Beach-Bar „Stadtstrand“ stehen.

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Einordnung des Falls

Umfang der Prokura, Niederlassungsprokura, § 50 Abs. 3 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Umfang der Prokura ist durch Parteivereinbarung außenwirksam frei beschränkbar (§ 49 Abs. 1 HGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Prokura ist eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht mit gesetzlich geregeltem Umfang: Sie umfasst alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend-)eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Ihr Umfang ist im Außenverhältnis grundsätzlich nicht beschränkbar (§ 50 Abs. 1 HGB). Nur ausnahmsweise ist eine Beschränkung möglich, wenn sie sich (1) auf eine oder mehrere Niederlassungen bezieht und (2) die Niederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden (§ 50 Abs. 3 HGB) („Niederlassungsprokura“).
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2. Die Beach-Bar „Stadtstrand“ ist eine Niederlassung der AM-Gastro GmbH (§ 50 Abs. 3 S. 1 HGB).

Nein!

Die (Zweig-)Niederlassung ist von der Betriebsstätte und dem Unternehmen abzugrenzen. Sie ist räumlich von der Hauptniederlassung getrennt und tritt anders als die Betriebsstätte im Rechtsverkehr selbstständig auf. Anders als das selbstständige Unternehmen ist die Zweigniederlassung von der Hauptniederlassung organisatorisch abhängig. Die Bar „Stadtstrand“ wird von der AM-Gastro GmbH betrieben. Diese tätigt alle Geschäfte und ist Trägerin der mit dem Unternehmen verbundenen Rechte und Pflichten. Die Bar ist zwar räumlich unabhängig, tritt aber nicht selbstständig im Rechtsverkehr auf. Sie ist bloße Betriebsstätte der AM-Gastro GmbH. Prokura kann nur für ein bestimmtes Unternehmen (=Handelsgewerbe) erteilt werden (§ 48 Abs 1 HGB).

3. Die Beschränkung von P‘s Prokura ist Dritten gegenüber wirksam (§ 50 Abs. 1 HGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Prokura ist im Außenverhältnis grundsätzlich nicht beschränkbar (§ 50 Abs. 1 HGB). Nur ausnahmsweise ist eine Beschränkung auf eine oder mehrere Niederlassungen möglich (§ 50 Abs. 3 HGB). Die Vollmacht ist getrennt vom rechtlichen Innenverhältnis zwischen Kaufmann und Prokurist zu betrachten. Zwar ist eine Beschränkung der Prokura nach außen unwirksam (§ 50 Abs. 1 HGB). Eine vertragliche Beschränkung des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis ist jedoch möglich. Nach außen ist die Beschränkung der Prokura unwirksam, da es sich nicht um eine Niederlassungsprokura (§ 50 Abs. 3 HGB) handelt. P ist gegenüber der AM-Gastro GmbH jedoch vertraglich verpflichtet, nur Geschäfte für die Bar „Stadtstrand“ vorzunehmen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

11.10.2023, 09:43:04

Wann liegt denn ein Fall des "selbständigen Eintritts in den Rechtsverkehr"?

LELEE

Leo Lee

14.10.2023, 15:27:28

Hallo Diaa, ein selbständiges Auftreten im Rechtsverkehr wäre z.B. dann der Fall, wenn die Bar "Stadtstrand" nicht von der AM-Gastro GmbH, sondern eben selbstständig als "eigene GmbH" betrieben würde. Dann ist die Bar nicht mehr abhängig, sondern vielmehr ein selbständiges "Unternehmen" :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

Johannes Nebe

Johannes Nebe

12.8.2024, 10:59:51

Ich muss mich beim Team und in der Community mal wieder beliebt machen. Hier hieß es "P‘s Prokura". Die korrekte Schreibweise des Apostrophs ist, wenn man schon nicht darauf verzichten mag (anderes Thema), "P’s Prokura". Der Apostroph sieht aus wie eine kleine 9 (nicht 6). Ich finde, notfalls kann man auch das nicht typographische Zeichen verwenden (besser als ein falsches): "P's Prokura" (-- so wie ich hier aus Bequemlichkeit die nicht typographischen Anführungszeichen "" statt der typographischen „“ verwendet habe).


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