Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Aufrechnung

Klage unbegründet (Klage + Hilfswiderklage + unbedingte Widerklage)

Klage unbegründet (Klage + Hilfswiderklage + unbedingte Widerklage)

12. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verklagt B (€500). B hat eine Gegenforderung (€1.500). Da er Ks Klage für unbegründet hält, rechnet er nur hilfsweise auf (€500) und erhebt zudem Hilfswiderklage (€500), falls keine Aufrechnung stattfindet. Ferner erhebt er unbedingt Widerklage (€1.000). Nur Bs Gegenforderung besteht.

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Einordnung des Falls

Klage unbegründet (Klage + Hilfswiderklage + unbedingte Widerklage)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In den Entscheidungsgründen sind die Klage, die Hilfswiderklage und die unbedingte Widerklage zu prüfen.

Genau, so ist das!

Eine Hilfswiderklage ist nur dann zu prüfen, wenn die Bedingung, unter der sie erklärt wurde, eingetreten ist. B hat die Hilfswiderklage unter der Bedingung erklärt, dass keine Aufrechnung stattfindet. Die Aufrechnung wiederum wurde unter der Bedingung erklärt, dass die Klage im Übrigen begründet ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da die Bedingung der Hilfsaufrechnung somit nicht eingetreten ist, kommt es nicht zur Aufrechnung. Dies stellt gleichzeitig die Bedingung dar, unter der die Hilfswiderklage erhoben wurde.
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2. Ist es zulässig, die Widerklage nur hilfsweise zu erheben?

Ja, in der Tat!

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss jede Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Dies gilt auch für eine Widerklage. Die Vorschrift schließt grundsätzlich die „bedingte“ Klageerhebung aus, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Bei einer Klage/Widerklage ist die Bestimmtheit allerdings ausreichend gewahrt, wenn deren Erhebung allein von einer Entscheidung des erkennenden Gerichts abhängig gemacht wird (=innerprozessuale Bedingung). Es entsteht dann gerade keine Rechtsunsicherheit. B hat die Hilfswiderklage für den Fall erhoben, dass keine Entscheidung über die Gegenforderung im Rahmen der Aufrechnung ergeht. Dies hängt allein von dem erkennenden Gericht ab.

3. Steht die gleichzeitig erklärte Hilfsaufrechnung der Zulässigkeit der Hilfswiderklage entgegen?

Nein!

Während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig rechtshängig gemacht werden (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Rechtshängigkeit einer Streitsache wird durch Klageerhebung begründet (§ 261 Abs. 1 ZPO). Die gleichzeitige Hilfsaufrechnung hat zwar dieselbe Gegenforderung zum Gegenstand. Jedoch begründet eine Aufrechnung keine der Hilfswiderklage entgegenstehende Rechtshängigkeit.

4. Ist die für die Hilfswiderklage erforderliche Konnexität gegeben?

Genau, so ist das!

Eine der besonderen Prozessvoraussetzungen von Widerklagen ist die von § 33 ZPO geforderte Konnexität. Diese besteht unter anderem dann, wenn die Gegenforderung mit den gegen die Klage vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht (§ 33 Abs. 1 Alt. 2 ZPO). B macht die Gegenforderung zugleich durch eine Hilfsaufrechnung geltend, also mit einem Verteidigungsmittel gegen die Klage. Dadurch steht die Gegenforderung mit den gegen die Klage vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang. Unerheblich ist, ob die Bedingung der Hilfsaufrechnung eintritt.

5. Die unbedingte Widerklage ist zulässig.

Ja, in der Tat!

Eine Widerklage ist zulässig, wenn die dazugehörigen allgemeinen  und besonderen Prozessvoraussetzungen vorliegen. Eine der besonderen Prozessvoraussetzungen ist die von § 33 ZPO geforderte Konnexität. Diese besteht unter anderem dann, wenn die Gegenforderung mit den gegen die Klage vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht (§ 33 Abs. 1 Alt. 2 ZPO). B macht einen anderen Teil der Gegenforderung durch eine Hilfsaufrechnung, das heißt mit einem Verteidigungsmittel gegen die Klage geltend. Dadurch steht die Gegenforderung insgesamt mit den gegen die Klage vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang.

6. Das Gericht wird die Klage und die Widerklagen insgesamt abweisen.

Nein!

Wenn eine mit einer Klage/(Hilfs)Widerklage verfolgte Forderung nicht besteht, wird das Gericht die Klage/(Hilfs(Widerklage) abweisen. Die Klageforderung besteht vorliegend nicht. Die Gegenforderung besteht dagegen. Somit ist die Klage abzuweisen und den beiden Widerklagen (hilfsweise und unbedingt) stattzugeben. Hauptsachetenor: „Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, €1.500 an den Beklagten zu zahlen.“
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

LO

Lorenz

1.8.2023, 16:51:11

Bleibt es im Tenor bei dem Singular (

Widerklage

), obwohl eine

Hilfswiderklage

und eine unbedingte gab?

nboss

nboss

16.5.2024, 18:22:14

Bleibt es beim Singular im Tenor ?


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