Öffentliches Recht
Europarecht
Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV
Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe (Cassis de Dijon)
Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe (Cassis de Dijon)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Rewe beantragt die Genehmigung für die Einfuhr französischen Likörs, welcher in Frankreich frei erhältlich ist. Der Antrag wird abgelehnt, weil der Likör einen Alkoholgehalt von nur 20 % hat. Nach deutschem Recht können nur Branntweine mit min. 32 % in den Verkehr gebracht werden.
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Einordnung des Falls
Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe (Cassis de Dijon)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die deutsche Rechtslage, wonach französischer Likör nicht importiert werden darf, stellt eine Maßnahme gleicher Wirkung dar.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Vorliegend ist eine Rechtfertigung der Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 36 AEUV möglich.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit können Beschränkungen auch durch ungeschriebene Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt werden.
Ja, in der Tat!
4. Die dogmatische Einordnung der zwingenden Erfordernisse des Allgemeinwohls ist umstritten.
Ja!
5. Kann vorliegend die Bestimmung über den Mindestalkoholgehalt durch zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lea_6.9
6.7.2023, 14:40:40
Liebes Jurafuchs-Team, ich habe diese App schon oft gelobt und weiterempfohlen. Eine Sache fällt mir seit einiger Zeit allerdings extrem negativ auf und stört zunehmend. Und zwar sind das Fehler in Rechtschreibung und Grammatik. Wenn mal ein kleiner Fehler auftritt, ist das natürlich nicht schlimm. Hier jedoch frage ich mich mittlerweile jedes mal beim Lernen, ob die Texte überhaupt korrekturgelesen werden… Gerade im Europarecht finden sich enorm viele Fehler, die teilweise sogar das Verständnis beeinträchtigen, in jedem Fall aber nervtötend sind. Wenn in einem Text viele solcher Fehler enthalten sind, stellt man bekanntlich auch automatisch die inhaltliche Richtigkeit und die Seriosität in Frage. Es wäre also wirklich super, wenn ihr die Texte überarbeitet und vor allem auch korrigiert, bevor ihr sie hochladet. Eine so hohe Fehlerquote ist generell nicht sonderlich ansprechend, aber gerade bei juristischen Texten umso schlimmer. Bitte bitte kümmert euch darum, denn das ist wirklich schade um die tolle App. 🙏🏼 Liebe Grüße, Lea
Nora Mommsen
7.7.2023, 11:49:58
Hallo Lea_6.9, herzlichen Dank für die ausführliche Rückmeldung. Du hast absolut Recht, dass das nicht so sein sollte. Es beeinträchtigt zum Einen das Lernen und entspricht zum Anderen auch nicht dem Standard, dem wir gerecht werden wollen. Wir überarbeiten zur Zeit unser Reviewverfahren - offensichtlich ist es noch holprig. Ich muss dich daher um etwas Geduld und Nachsicht mit uns bitten, bis wir das Prozedere optimiert haben und die Sachverhalte möglichst fehlerfrei hochgeladen werden. Bis dahin gib uns gerne weiter Hinweise, wenn du wieder konkret etwas entdeckst oder dir andere Kapitel auffallen. Beste Grüße, Nora
ceratius
14.11.2023, 18:49:12
In diesem Kapitel sind leider wirklich viele viele Fehler, es fehlen Punkte, Kommas, ganze Wörter, teilweise sind Buchstaben doppelt etc. Wäre toll wenn ihr ihr nochmal reinschaut.
CR7
8.8.2024, 16:34:04
Ich oute mich als Vielmelder von Rechtschreibfehlern und Grammatik 🤭 Das ist mir auch aufgefallen. Auch in anderen Rechtsgebieten. Aber ich merke auch schon eine deutliche Besserung, vor allem bei den neuen Fällen.
Irina95
7.1.2024, 23:26:21
Wieso benötige ich hier die „Dassonville“ Formel und demnach eine Maßnahme gleicher Wirkung? Wenn die Ware nicht eingeführt werden darf, weil der Antrag abgelehnt wird, ist das dann nicht schon eine mengenmäßige Einführbeschränkung gem
Art. 34 AEUV?
Jonah
20.2.2024, 09:40:00
Hey Irina, ich erkläre es mir so, dass die Erlaubnis im Fall genannter Spirituosen gleichermaßen für inländische Hersteller gilt und somit eine Maßnahme gleicher Wirkung vorliegt.
Whale
7.6.2024, 19:00:39
Hey Jonah, aber inwiefern steht das denn einer mengenmäßigen Beschränkung der Einfuhr entgegen, wenn auch der Absatz im Inland beschränkt werden?
L.Goldstyn
28.8.2024, 19:47:27
Hallo Irina95, eine gute und schwierige Frage! Da mir die Abgrenzung auch schwer fällt, habe ich eben einmal nachgesehen und auf die Schnelle nur eine Fundstelle gefunden, die sich dazu äußert: „Keine mengenmäßige Beschränkung, sondern eine Maßnahme gleicher Wirkung stellt auch ein Einfuhrverbot für Waren dar, das bestimmte
Beschaffenheitsanforderungen voraussetzt, die auch für inländische Produkte gelten.“ (Streinz/W. Schroeder, 3. Aufl. 2018, AEUV Art. 34 Rn. 33, beck-online) Insoweit liegt @[Jonah](197616) mit seinen Ansatz richtig. Ich finde aber auch, dass das Kriterium, ob die
Beschaffenheitsanforderungen auch für inländische Produkte gelten, schwer zu erklären/nachzuvollziehen ist. Man könnte davon ausgehen, dass dennoch eine
mengenmäßige Einfuhrbeschränkungmit Kontingent „Null“ für eben die Produkte besteht, die diese Anforderungen nicht erfüllen, ganz unabhängig davon, ob die Regelung auch für inländische Produkte gilt. Meine Merkhilfe ist, dass eine
mengenmäßige Einfuhrbeschränkung(= Kontingent) dann besteht, wenn ein Produkt als solches generell nicht (oder nur in bestimmten Mengen) eingeführt werden darf, ohne dass der Hersteller/Importeur dies durch Produktanpassungen verändern kann. Beispiel: Deutschland legt fest, dass jährlich nur 10.000 PKWs, die im Ausland hergestellt wurden, importiert werden dürfen. Derjenige, der den PKW Nr. 10.001 importieren möchte, hat bis Jahresende keinerlei Möglichkeit, dies zu tun. Bei cassis ist es anders: Der Hersteller könnte „einfach“ sein Herstellungsverfahren ändern, sodass die Alkoholkonzentration erhöht wird, und könnte dann unbeschränkt exportieren/importieren. Das ist als grober Merkposten vielleicht hilfreich. In Einzelfällen ist aber auch hier die Abgrenzung sehr schwer.
Sebastian Schmitt
13.9.2024, 13:33:14
Hallo @[Irina95](144160), im Grundsatz sieht die Abgrenzung so einfach aus: Geht es um Menge ("nicht mehr als 500 Stück"), Wert ("nicht im Wert von mehr als €1.000.000") oder Zeitraum ("nicht zwischen Mai und Juni"), ist es eine mengenmäßige Beschränkung (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Leible/Streinz, Recht der EU, 82. EL, Mai 2024,
Art 34 AEUVRn 55). Nun hast Du völlig Recht, dass ein vollständiges Verbot prinzipiell nichts anderes als ein Kontingent von 0 ist, also ebenfalls eine mengenmäßige Beschränkung. Hier wird es aber mit der Abgrenzung schon deutlich schwieriger, erst recht, wenn es auch noch um Kriterien geht, die für inländische Waren gleichermaßen gelten (wie hier der Alkoholgehalt bei Likör). Der Abgrenzungsansatz, wie ihn @[L.Goldstyn](251555) so gut erläutert, scheint mir derjenige, der rechtlich noch am saubersten ist. Im Cassis-de-Dijon-Fall haben wir es eben nicht mit einem pauschalen Verbot zu tun, sondern mit einem zusätzlichen Kriterium, das aufgestellt wird (in diesem Sinne auch Streinz/Schroeder, EUV/AEUV,
Art 34 AEUVRn 33). Wird dieses Kriterium erfüllt, ist eine unbegrenzte Einfuhr möglich. Dem Wortlaut des Verbots nach geht es nicht um Menge, Wert oder Zeit, also keine mengenmäßige Beschränkung, sondern Maßnahme gleicher Wirkung. Die spannende Frage ist jetzt, ob man immer noch eine Maßnahme gleicher Wirkung annehmen würde, wenn das Verbot so formuliert wäre: "[Begründung], deswegen wird die erlaubte Einfuhrmenge auf 0 festgesetzt." Das klingt schon wieder deutlich mehr nach mengenmäßiger Beschränkung, was zeigt, wie wenig trennscharf die Unterscheidung leider ist. Der EuGH ist daran auch durchaus mit Schuld. Er hatte sich in der jüngeren Vergangenheit ohnehin fast ausschließlich mit Maßnahmen gleicher Wirkung zu befassen (weil offensichtliche Verstöße gegen
Art 34 AEUVseltener sind) und hat auf eine saubere Differenzierung zunehmend gerne verzichtet (Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar 4. Aufl 2019,
Art 34 AEUVRn 36; Grabitz/Hilf/Nettesheim/Leible/Streinz, Recht der EU, 82. EL, Mai 2024,
Art 34 AEUVRn 55). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
PrüfungsProfi
5.11.2024, 09:41:22
Ihr schreibt, dass die cassis-Rechtsprechung sowohl im Rahmen der Beschränkung als auch im Rahmen der Rechtfertigung Bedeutung hat. Für die Rechtfertigung ist mir klar, dass das cassis-Urteil die Grundlage für die ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe bildet. Aber was sagt das Urteil zur Beschränkung? Dort wurde ja schon auf die Dassonville-Formel abgestellt, um eine Maßnahme gleicher Wirkung zu bestimmen.