Täuschung durch Dritte (2)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K möchte ein Auto bei V kaufen. Auf dem Hof des V steht der Kunde D neben einem Auto. K hält D für einen Verkäufer und stellt Fragen zur Ausstattung. D, der sich mit Autos nicht auskennt, will K einen Streich spielen. Er rät und beantwortet die Fragen falsch. V sieht das Gespräch, denkt sich aber nichts dabei. K kauft das Auto und bereut es später.

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Einordnung des Falls

Täuschung durch Dritte (2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D hat K arglistig getäuscht (§ 123 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Bei der Ausstattung eines Fahrzeugs handelt es sich um Umstände der Gegenwart oder Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind. Fraglich ist, ob D arglistig handelte, da er nur geraten hat und die Unrichtigkeit seiner Antworten nicht kannte.Arglistig handelt, wer weiß und will (dolus eventualis ausreichend), dass der Getäuschte eine Willenserklärung abgibt, die er ohne Täuschung nicht abgegeben hätte. Arglist liegt auch dann vor, wenn der Täuschende etwas Unrichtiges „ins Blaue hinein“ behauptet.D hat geraten und falsche Auskunft über Tatsachen gegeben.
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2. D ist im Verhältnis zu V „Dritter“ (§ 123 Abs. 2 BGB). Die Täuschung des D ist V nur zuzurechnen, wenn V sie kannte oder kennen musste (§ 123 Abs. 2 BGB).

Ja!

„Dritter“ im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist eine Person, die nicht „im Lager“ des Vertragspartners steht (Lagertheorie). Im Lager des Vertragspartners stehen z.B. Stellvertreter, Verhandlungsgehilfen ohne Abschlussvollmacht und auch Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn später genehmigt wird. Die Rechtsprechung legt "Dritter" sehr eng aus. Im Zweifel ist der Täuschende als im Lager des Anfechtungsgegners stehend zu bewerten. Wer dagegen einen Vertragsabschluss lediglich vermittelt, z.B. als Makler, ist Dritter. D war nicht einmal Makler, sondern selbst nur Kunde. Er ist damit Dritter.

3. V muss sich die Täuschung des D zurechnen lassen (§ 123 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

V muss sich die Täuschung eines Dritten nur zurechnen lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste (§ 123 Abs. 2 BGB). Kennenmüssen ist gegeben, wenn der Umstand infolge von Fahrlässigkeit nicht gekannt wird (§ 122 Abs. 2 BGB). V kannte die Täuschung des D nicht. Er könnte jedoch die Täuschung aufgrund von Fahrlässigkeit verkannt haben. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ermittelt sich aus Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der Interessenlage. V hat das Gespräch zwischen K und D beobachtet. V hätte die Irrtümer durch einfaches Nachfragen entdecken können.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TR

Tr(u)mpeltier

22.3.2020, 13:08:58

Ich würde die Aussage die in der Grafik enthalten ist, auch in den Sachverhalt packen. Denn die bloße Tatsache, dass der Verkäufer ein Gespräch zweier Kunden sieht, genügt ME nach nicht, um zu dem Schluss fahrlässiger Unkenntnis zu gelangen. Erst durch den expliziten Verweis des K auf eben dieses Gespräch, hätte dem V auffallen müssen, dass K fälschlicherweise davon ausging, dass D ein Verkäufer sei und entsprechend nachhaken müssen

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

22.3.2020, 22:22:35

Hi, danke für den Beitrag. Die Illustrationen sind bei uns Teil des Sachverhalts.

TR

Tr(u)mpeltier

23.3.2020, 13:21:08

Danke für die schnelle Antwort. Dann hat sich der Kommentar erledigt :)

Isabell

Isabell

17.12.2020, 14:03:02

Hilfreich finde ich den Satz im Bild nur bedingt. Denn es wird unterstellt, dass V weiß, dass der K nicht bis zum Vertragsschluss mit einem Mitarbeiter gesprochen hat und sich dieser Satz nur auf das von V beobachtete Gespräch beziehen kann. Dafür dürfte V gar keine Mitarbeiter haben oder müsste K die gesamte Zeit beobachtet haben. Dazu schweigen Bild und Text.

ANY

ANY

2.3.2021, 14:07:45

Die Icons überlagern die Sprechblase. Der Text ist daher nur schlecht lesbar.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

3.3.2021, 15:11:31

Hi ANY, berechtigter Hinweis! Wir werden die Illustration überarbeiten. Besten Gruß, - Christian

ANY

ANY

3.3.2021, 17:18:15

Dasselbe Problem besteht auch bei einigen anderen Illustrationen. Vielleicht wäre es geschickter, die Positionierung der Icons zu ändern.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

3.3.2021, 19:38:28

Ja, das wäre eine Möglichkeit. Wir diskutieren das auch grad :) Aber die Icons gefallen uns an der Stelle eigentlich am Besten. Keine Sorge, wir werden eine Lösung finden.

ri

ri

21.8.2021, 16:38:22

Der Kunde in der Zeichnung scheint sehr erigie- äh erfreut zu sein über das neue Auto 🚗

felixrubi

felixrubi

30.11.2022, 14:24:05

Hallo, mir stellt sich die Frage, wieso der V das hätte wissen müssen? Wenn ich mich mit einem anderen Menschen auf dem Verkaufsplatz unterhalte und für den V keine Anhaltspunkte vorliegen, dass dort etwas unsauberes abläuft. Muss er doch nicht nachfragen.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

30.11.2022, 16:00:42

Hallo felixrubi, die Illustrationen sind bei uns Teil des Sachverhalts :) In dem Zusammenhang wird es klar. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ll373

ll373

30.11.2022, 14:54:17

Ich finde, dass man es genauso auslegen kann, dass hier V nicht fahrlässig gehandelt hat. Es ist für ihn genauso denkbar, dass es sich um zwei Bekannte handelt, oder sie sich einfach über das Auto unterhalten, ohne dass hier dem K falsche Versprechen gemacht werden. Im SV ist nicht ersichtlich, dass V z.B. hätte verstehen können, dass K getäuscht wird.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

30.11.2022, 15:13:33

Hallo OmikronWolf, vielen Dank für Deine Nachfrage. Bei unseren Fällen kommt eine Besonderheit dazu, die es in juristischen Klausuren so nicht gibt. Unsere Illustrationen sind stets Teil des maßgeblichen Sachverhaltes und deshalb bei der juristischen Bewertung mitzuberücksichtigen. Hier nimmt K beim Kauf explizit Bezug auf das Gespräch mit dem vermeintlichen Mitarbeiter des V. Dadurch hätte V hellhörig werden müssen. Aufgrund dieser Aussage sprechen in diesem Fall die besseren Gründe dafür, fahrlässige Unkenntnis anzunehmen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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