Grundfall: Mitgliedstaaten

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Deliverydriver für Lebensmittelkäufe aus Polen bieten ihre Dienste vermehrt auch in Deutschland an. Die IHK Ostbrandenburg beschließt, dass sie dafür in Zukunft eine besondere Genehmigung benötigen. D ist selbstständige Deliverydriverin aus Rzepin und beruft sich auf die Dienstleistungsfreiheit.

Diesen Fall lösen 85,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Grundfall: Mitgliedstaaten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist vorliegend eröffnet.

Genau, so ist das!

Der sachliche Anwendungsbereich setzt eine Dienstleistung voraus. Die Dienstleistung lässt sich in Abgrenzung zu den anderen Grundfreiheiten als selbstständige, vorübergehende Leistungen definieren, die einen entgeltlichen Charakter haben muss. Begünstigte sind Unionsbürger und gem. Art. 62 i.V.m. Art. 54 AEUV Gesellschaften mit Unionsbezug. Ferner ist ein grenzüberschreitender Bezug erforderlich. P's Tätigkeit als Deliverydriver ist selbstständiger und auch entgeltliche Natur, da für die Liefertätigkeit eine Gegenleistung entrichtet wird. D ist ferner auch in Polen ansässig und bietet seine Dienste nur sporadisch auch in Deutschland an. Es ist daher nicht von einer Niederlassung in Deutschland auszugehen, sondern die Leistung ist in Deutschland vorübergehender Natur. Eine Dienstleistung liegt somit vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Dienstleistungsfreiheit verpflichtet in erster Linie die Mitgliedstaaten.

Ja, in der Tat!

Die Grundfreiheiten als transnationale Integrationsnormen verpflichten in erster Linie die Mitgliedstaaten gemäß Art. 52 EUV und ihre Institutionen und Körperschaften. Die Bindung jedes Mitgliedstaats (sowohl des Aufnahmestaats als auch des Herkunftsstaats) ergibt sich auch aus der Formulierung des Art. 49 Abs. 2 AEUV.Bei den Grundfreiheiten handelt es sich um unmittelbar anwendbares Primärrecht, sodass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Grundfreiheiten zu gewährleisten.

3. Die Maßnahme der IHK stellt keine Maßnahme eines Mitgliedstaates dar.

Nein!

Die Grundfreiheiten verpflichten alle Gliederungsebenen der Mitgliedstaaten. Verpflichtete sind daher nicht nur alle Staatsgewalten auf Bundesebene, sondern auch Maßnahmen des Landes oder der Gemeinden. Dazu zählen auch die Träger funktionaler Selbstverwaltung, wie z.B. Handwerkskammer oder die IHK. Die IHK ist als Träger funktionaler Selbstverwaltung ein Teil der Landesverwaltung. Es handelt sich damit um die Maßnahme eines Mitgliedstaates.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BE

Bioshock Energy

14.3.2024, 10:28:35

Hallo, Im vorherigen Kapitel haben wir doch gelernt, dass Verkehrsdienstleistungen gem. Art. 58 I iVm Art. 90ff. AEUV wenn sie die Beförderung zum Inhalt haben nach den Art. 90ff. AEUV zu prüfen sind. Folglich ist der sachliche Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit hier doch gar nicht eröffnet oder übersehe ich etwas? Bin gerade sehr verwirrt.

Sambajamba10

Sambajamba10

21.6.2024, 08:43:15

Hallo @[Bioshock Energy](207759), Beförderung meint Personenbeförderung. Die Deliverydriverin D fährt jedoch Lebensmittelkäufe aus. Es handelt sich dementsprechend um eine normale Dienstleistung.


© Jurafuchs 2024