Klageeinreichung um 23:59 Uhr – Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG)


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X hat einen belastenden Widerspruchsbescheid erhalten. Der Bescheid vom 15.05. (Montag) wird ihm am 18.05. (Donnerstag) zugestellt. X erhebt am 18.06. Klage, indem er die Klageschrift um 23:59 Uhr in den Briefkasten des Gerichtes wirft, welcher erst am nächsten Tag geleert wird.

Einordnung des Falls

Klageeinreichung um 23:59 Uhr – Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Klagefrist richtet sich nach § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Ja, in der Tat!

Für die Anfechtungsklage gilt eine Monatsfrist. Die Anfechtungsklage ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids zu erheben (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO). Ist ein Widerspruch nach § 68 VwGO nicht erforderlich, ist die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts, der angefochten werden soll, zu erheben (§ 74 Abs. 1 S. 2 VwGO). Da der Fristbeginn an ein Ereignis anknüpft (Zustellung bzw. Bekanntgabe), handelt es sich um eine sog. Ereignisfrist.

2. Die Klagefrist begann vorliegend am 15.05.

Nein!

Der Fristlauf beginnt mit dem Tag, der auf das Ereignis folgt, durch das die Frist in Gang gesetzt wird (§ 187 Abs. 1 BGB). Das Ereignis ist die Zustellung des Widerspruchsbescheids (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist beginnt somit am Tag nach der Zustellung. Da die Zustellung am 18.05. erfolgte, begann die Frist am 19.05.

3. Die Berechnung der Klagefrist richtet sich nach den Normen des Zivilrechts.

Genau, so ist das!

Die Fristberechnung der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO) richtet sich nach § 57 Abs. 1 und 2 VwGO. § 57 Abs. 2 VwGO verweist auf die Vorschriften des Zivilrechts (§§ 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).

4. K muss seine Klage bis zum 18.06. erheben, aber dabei auch auf die Öffnungszeiten des Gerichts Rücksicht nehmen. Seine Klage ist verfristet.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche bzw. des letzten Monats der Frist, welcher dem Tag entspricht, in den das Ereignis des Fristbeginns fällt (§ 188 Abs. 2 BGB). Bei der Monatsfrist entspricht der Tag des Fristendes dem Tag, an dem das die Frist auslösende Ereignis stattfand. Der Kläger darf seine Klagefrist bis zur letzten Sekunde ausnutzen. Entscheidend ist nur, dass sich das Klageschreiben bei Ablauf der Frist in der Verfügungsgewalt des Gerichts befindet. Die Zustellung erfolgte am 18.05. Daher endete die Monatsfrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO) am 18.06. um 24 Uhr. Mit Einwurf in den Briefkasten des Gerichts gelang das Klageschreiben in die Verfügungsgewalt des Gerichts.

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