Öffentliches Recht
VwGO
Anfechtungsklage
Klageeinreichung um 23:59 Uhr – Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG)
Klageeinreichung um 23:59 Uhr – Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG)
19. Mai 2025
15 Kommentare
4,8 ★ (23.437 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
X hat einen belastenden Widerspruchsbescheid erhalten. Der Bescheid vom 15.05. (Montag) wird ihm am 18.05. (Donnerstag) zugestellt. X erhebt am 18.06. Klage, indem er die Klageschrift um 23:59 Uhr in den Briefkasten des Gerichtes wirft, welcher erst am nächsten Tag geleert wird.
Diesen Fall lösen 90,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Klageeinreichung um 23:59 Uhr – Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Klagefrist richtet sich nach § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Klagefrist begann vorliegend am 15.05.
Nein!
3. Die Berechnung der Klagefrist richtet sich nach den Normen des Zivilrechts.
Genau, so ist das!
4. K muss seine Klage bis zum 18.06. erheben, aber dabei auch auf die Öffnungszeiten des Gerichts Rücksicht nehmen. Seine Klage ist verfristet.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tamer
11.10.2020, 17:03:55
kurze Verständnisfrage zur Formulierung "belastender Widerspruchsbescheid" Ist ein Widerspruchsbescheid nicht naturgemäß für den Adressaten immer belastend? Würde es also in einer Falllösung genügen nur vom Widerspruchsbescheid zu sprechen und das Wort belastend wegzulassen? LG Tamer

Christian Leupold-Wendling
12.10.2020, 11:43:10
Hi Tamer, danke für die gute Frage! Die Antwort ist: nein. Es gibt auch begünstigende Widerspruchsbescheide. Besten Gruß, - Christian
s.t.
26.8.2021, 10:37:35
Hier wird bei der Verweisung auf das Zivilrecht
185 BGBangegeben. Dies stimmt mit 57 II VwGO nicht überein.
Victor
27.8.2021, 10:18:38
Dann schau dir das mal genau an. In der Lösung steht dass auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches verwiesen wird. Zuerst auf § 222 ZPO über § 57 II VwGO. Von der ZPO dann auf die §§ 187 ff BGB. Stimmt schon so

Natze
17.2.2024, 11:41:44
wie wird es in der Praxis gehandhabt? wird vermutet, dass die Nutzung des Nachtbriefkastens fristwahrend genutzt wird?
qprgx
23.2.2024, 12:29:15
Diese Nachtbriefkästen haben eine Klappe, die um 24 Uhr ausgelöst wird. Alle Briefe, die unter der Klappe liegen, sind demnach noch vor 24 Uhr eingegangen und wahren die Frist. Die Briefe, die dann auf der Klappe liegen, sind erst nach 24 Uhr und somit erst am nächsten Tag eingegangen.

Natze
23.2.2024, 13:12:57
Aaah, alles klar, danke dir ☺️ wieder was Neues dazu gelernt
Mr_Tin
14.1.2025, 11:39:39
Müsste hier nicht mittlerweile die 4-Tages-Fiktion greifen und die Frist somit einen Tag später enden?

Linne_Karlotta_
15.1.2025, 17:30:36
Hey @[Mr_Tin](252550), danke für deine Frage. Grundsätzlich hast du Recht, dass die Fiktion aus § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG und § 4 Abs. 2 S. 2 VwZG seit dem 01.01.2025 eine „Vier-Tages-Fiktion“ ist. Darauf kommt es aber in diesem Fall nicht an. Auf die Fiktion kommt es nur in den dort geregelten Fällen (Bekanntgabe durch einfach Postübermittlung sowie Bekanntgabe durch Zustellung mit Einschreiben) an. Im vorliegenden Fall wissen wir überhaupt nicht, auf welche Weise dem Adressaten der Widerspruchsbescheid zugestellt wird. Da von „Zustellung“ die Rede ist, ist schon mal klar, dass es keine „einfache“ Bekanntgabe nach § 41 Abs. 2 VwVfG sein kann (diese reicht auch für die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids nicht aus, § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO spricht von der „Zustellung“ des Widerspruchsbescheid). Zustellung meint eine besondere Bekanntgabe in einer Form aus dem VwZG (§ 2 Abs. 1 VwZG). Hier könnte aber z.B. auch nach §
3 VwZGzugestellt worden sein und damit die Fiktion nicht von Bedeutung sein. Allgemein lässt sich sagen: Wenn du keine weiteren Angaben zur Zustellungsart hast und der Sachverhalt dir ein Datum der Zustellung nennt, dann gehst du davon aus, dass auch an diesem Tag tatsächlich zugestellt und damit bekanntgegeben wurde. In diesem Fall ging es uns um die Ermittlung der Klagefrist, weswegen wir euch das Zustelldatum einfach vorgegeben haben. Dies Zustellung als solche ist hier nicht problematisch bzw. nicht Thema der Aufgabe. Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
Mr_Tin
15.1.2025, 17:33:10
Alles klar, danke :)