Beweislast und Pflichten der Schwimmbadaufsicht bei Badeunfällen – Unterlassen nach § 823 BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die 12-jährige G verhakt sich beim Schwimmen in einer Boje. Bademeister B fällt auf, dass eine Boje fehlt. Er bittet einen 14-jährigen Badegast, nachzuschauen. Dieser entdeckt "etwas Glitschiges". B holt zunächst seine Tauchbrille aus dem Gerätehaus und findet dann die leblose G unter Wasser. G erleidet irreparable Hirnschäden.
Einordnung des Falls
Beweislast und Pflichten der Schwimmbadaufsicht bei Badeunfällen – Unterlassen nach § 823 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat zwar nicht gehandelt, aber auch ein Unterlassen kann Verletzungshandlung im deliktsrechtlichen Sinne sein (§ 823 Abs. 1 BGB).
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Genau, so ist das!
2. Die Verkehrspflicht des Bademeister besteht in der Verpflichtung, jeden Schwimmer vollständig zu überwachen. Diese Pflicht hat B verletzt.
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Nein, das trifft nicht zu!
3. Der Bademeister muss in Notsituationen für rasche und wirksame Hilfeleistung sorgen. Diese Pflicht hat B verletzt.
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Ja!
4. G kann einen Anspruch auf Schadensersatz gegen B (§ 823 Abs. 1 BGB) nur durchsetzen, wenn sie nachweist, dass die Pflichtverletzung des B kausal für ihren Gesundheitsschaden war.
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Nein, das ist nicht der Fall!
5. Wenn B seine Verkehrssicherungspflicht nicht grob, sondern leicht fahrlässig verletzt hätte, muss G den vollen Beweis antreten, dass die Pflichtverletzung des B kausal war für ihren Gesundheitsschaden.
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Nein, das trifft nicht zu!
6. Neben einem Anspruch gegen B (§ 823 Abs. 1 BGB) hat G auch einen Anspruch gegen den Träger des Schwimmbads (§ 831 Abs. 1 S. 1 BGB), wenn diesem ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden zur Last fällt.
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Ja!
Fundstellen
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Jana-Kristin
7.9.2021, 17:52:45
Dass der BGH eine Beweislastumkehr auch bei einfacher Fahrlässigkeit annimmt, hat er aber nicht explizit geschrieben. Viel eher kommt dem Geschädigten "nur" eine Beweiserleichterung für die Schadensursächlichkeit der PV zu Gute (Rn. 30 des Urteils).

Lukas_Mengestu
8.12.2021, 11:42:42
Vielen Dank für den super Hinweis, Jana-Kristin. In der Tat liegt bei einfacher Fahrlässigkeit nur eine Beweiserleichterung vor, die eine "tatsächliche Vermutung" zugunsten der Geschädigten begründet, dass der Schaden ursächlich auf der Pflichtverletzung beruht. Wir haben das korrigiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team