Zulässigkeit des „Shill bidding“ bei Bieten durch Dritten – eBay


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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V möchte seinen VW Golf verkaufen. Kurz vor Ende der eBay-Auktion ist K mit einem Gebot von €1,50 Höchstbietender. Daraufhin bittet V seinen Freund F, mitzubieten. F treibt den Preis auf €17.000 hoch. V und F wollten niemals einen Vertrag schließen. Außer K und F hat niemand mitgeboten.

Einordnung des Falls

Zulässigkeit des „Shill bidding“ bei Bieten durch Dritten – eBay

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat mit der Auktionseröffnung ein Angebot zum Verkauf des Golfs an den Höchstbietenden abgegeben.

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Ja!

Gemäß § 7 Nr. 2 eBay-AGB (Stand: 01.12.2021) gibt der Verkäufer durch Einstellen eines Artikels im Auktionsformat ein verbindliches Angebot zum Vertragsabschluss über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt er einen Startpreis und eine Annahmefrist (Angebotsdauer). Diese Regeln sind bei der Auslegung der Erklärungen der Parteien nach objektivem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) zu berücksichtigen. V hat demnach mit der Auktionseröffnung bereits ein verbindliches Angebot (§ 145 BGB) abgegeben. Das Angebot richtet sich dabei an den Höchstbietenden, auch wenn dessen Identität zum Auktionsstart noch unbekannt ist.

2. F hat dieses Angebot als Höchstbietender wirksam angenommen.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Mit der Abgabe eines Gebots erklärt sich der Bietende zur Annahme des Vertrages in der Höhe des aktuellen Höchstgebots bereit. Nach § 117 Abs. 1 BGB ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung allerdings nichtig, wenn sie mit dem Einverständnis des Empfängers nur zum Schein abgegeben wird. Das Scheingeschäft wird auch das simulierte Geschäft genannt. Hier hat F nur mitgeboten, um den Kaufpreis künstlich in die Höhe zu treiben. In Wahrheit wollten V und F niemals einen Vertrag schließen. Damit handelt es sich bei den Geboten des F nur um Scheingeschäfte. Diese sind nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig.

3. K hat das Angebot des V zum Preis von €1,50 angenommen.

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Ja, in der Tat!

Mit der Abgabe eines Gebots erklärt sich der Bietende zur Annahme des Vertrages in der Höhe des aktuellen Höchstgebots bereit. Dabei bleiben abgegebene Gebote Dritter, derer sich der Verkäufer bedient, um den Gebotspreis zu manipulieren (sog. Scheinbieter), in der Reihe der abgegebenen Gebote unberücksichtigt. Ein regulärer Bieter muss es deshalb auch nicht übertreffen, um Meistbietender zu werden oder zu bleiben. Neben F hat niemand sonst mitgeboten. Damit ist €1,50 das höchste abgegebene Gebot und ein Kaufvertrag i.H.v. €1,50 zustande gekommen.

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Anonym

Anonym

28.10.2020, 09:41:44

Ich fände es tatsächlich etwas klarer, wenn im Sachverhalt stehen würde, dass es sich hier um eine eBay Auktion handelt. Mir ist das dann erst am Ende aufgefallen, weil ich mir das Bild dazu erst am Ende angeschaut habe... Und normalerweise muss man ja auch keine Bilder interpretieren, um sich den SV zu erschließen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

28.10.2020, 16:09:59

Hallo, bei Jurafuchs gehört die Illustration zum Sachverhalt dazu. Dennoch haben wir das Wörtchen "ebay" im Sachverhalt ergänzt, sodass keine Missverständnisse mehr auftreten.

QUIG

QuiGonTim

13.2.2022, 23:13:34

Liebes Jurafuchs-Team ich finde eure Wiederholungs-/Definitionseinheiten echt klasse. Es wäre echt toll, wenn sich am Ende dieses Kapitels ebenfalls eine solche finden würde. :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.2.2022, 11:06:09

Vielen Dank, QuiGonTim! Wir sind schon dabei, die Wiederholungskapitel insgesamt noch auszuweiten. Hier bitten wir Dich noch um ein wenig Geduld. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

PAULA9

Paula99

8.5.2023, 12:53:33

Wie wäre denn die Rechtslage bei mehreren Bieter*innen, deren Gebote erst durch die "Fake-Gebote" in die Höhe getrieben werden? Da ist ja im Zweifel nicht mehr wirklich festzustellen, wie sich die Auktion ohne das Zutun des V entwickelt hätte, bzw. welche Gebote dann (nicht) abgegeben worden wären, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

8.5.2023, 17:09:24

Hallo Paula99, dieses Verfahren des künstlichen Hochtreibens von Preisen bei Online-Auktionen wird auch als "shill bidding" bezeichnet. Es werden alle Angebote ab erstem manipulativen Eingreifen außer Acht gelassen. Berücksichtigt wird das letzte Angebot, das abgegeben wurde bevor es zu dem Fake-Angebot kam. Der BGH hat sich in dem folgenden Urteil damit beschäftigt, wie das zu bewerten ist wenn die Fake-Angebote von dem Verkäufer selbst abgegeben werden. 24.8.2016 – VIII ZR 100/15 . Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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