Befragung

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kind K kommt nicht vom Spielplatz zurück. Die Eltern E rufen sofort die Polizei. Polizist P fragt Nachbarin N, ob und wann sie K gesehen hat.

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Einordnung des Falls

Befragung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Befragung ( § 9 Abs. 2 PolG NRW) dient der Informationsgewinnung durch die mündliche Äußerung einer Person. Stellt die Frage des P an N eine Befragung dar?

Ja!

§ 9 Abs. 2 PolG NRW regelt die Befugnis zur polizeilichen Befragung von Bürgern. Im Rahmen der Befragung kann die Polizei sowohl sach- als auch personenbezogenen Daten erheben. Durch die Befragung generiert die Polizei Informationen, um eine potentielle Gefahrensituation zu erforschen. Inhalt und Reichweite des Fragerechts sowie besondere Verfahrensvorschriften sind in den § 9 Abs. 3 bis 7 PolG NRW geregelt. Besondere Verfahrensvorschriften sind, dass die Befragung offen stattfinden muss ( § 9 Abs. 5 PolG NRW) und dass die Polizei Hinweis- und Belehrungspflichten einhalten muss ( § 9 Abs. 6 PolG NRW). P fragt N, ob und wann sie K gesehen hat. Es liegt eine Befragung vor.
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2. § 9 Abs. 2 PolG NRW ermächtigt die Polizei zur anlasslosen Befragung?

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Befragung ist nur zulässig, wenn anzunehmen ist, dass die befragte Person sachdienliche Hinweise zur Erfüllung einer polizeilichen Aufgaben machen kann. Auf Ebene der materiellen Rechtmäßigkeit müssen diese beiden Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein.

3. Die Befragung dient nur dann der Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe, wenn sie zur Abwehr einer konkreten Gefahr erfolgt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Befragung ist erforderlich für die Erfüllung von polizeilichen Aufgaben, wenn sie der Abwehr einer zumindest abstrakten Gefahr dient. Die Befragung als typische Gefahrerforschungsmaßnahme kann also schon bei Vorliegen einer abstrakten Gefahr ergriffen werden. Die Polizei kann Bürger natürlich erst Recht bei Vorliegen einer konkreten befragen. Hier besteht ein großer Unterschied zur polizeilichen Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW), welche stets das Vorliegen einer konkreten Gefahr erfordert.

4. Die Polizei muss eine Prognoseentscheidung treffen, ob die Befragte Person sachdienliche Angaben machen kann.

Ja!

Die Polizei muss aus ex ante Sicht eine Prognoseentscheidung treffen, ob die befragte Person hilfreiche Angaben machen kann. Eine anlasslose Befragung ohne jeglichen Anhaltspunkt ist unzulässig.

5. N ist zur Beantwortung der Frage von P verpflichtet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Liegen die Voraussetzungen von § 9 Abs. 2 PolG NRW vor, folgt eine eingeschränkte Auskunftspflicht zur Auskunftserteilung über die Personalien ( § 9 Abs. 3 S. 1 PolG NRW). Eine uneingeschränkte Auskunftspflicht zur Beantwortung darüber hinausgehender Fragen besteht nur, wenn die Befragte Person eine gesetzliche Handlungspflicht trifft ( § 9 Abs. 3 S. 2 PolG NRW). Beispiele für gesetzliche Handlungspflichten sind das Anzeigen von Straftaten (§138 StGB), die unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) oder die Sorgepflicht der Eltern (§1626 BGB). P fragt nach Informationen, die über die Feststellung der Personalien hinausgehen, sodass N eine gesetzliche Handlungspflicht treffen muss ( § 9 Abs. 3 S. 2 PolG NRW). Es ist keine gesetzliche Handlungspflicht für N ersichtlich. N ist nicht verpflichtet die Frage des P zu beantworten. Die befragte Person kann die Frage der Polizei natürlich freiwillig beantworten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

12.1.2024, 14:54:05

hallo liebes JF-Team, mag sein, dass es ein wenig kleinlich wirkt oder ich etwas falsch verstanden habe, aber in der frage (ungefähr): die Befragung ist rechtmäßig, wenn sie zur Abwehr einer konkreten Gefahr erfolgt. = „stimmt nicht“ zu klicken mit der anschließenden Begründung, dass die Befragung „auch“ bei abstrakter Gefahr möglich ist, ist ein wenig irreführend. Die Frage ist ja an sich richtig = stimmt. da müsste mMn noch ein „nur“ hin. Also: die Befragung ist „nur“ rechtmäßig, wenn sie zur Abwehr einer konkreten Gefahr ausgeübt wird. = stimmt nicht. Was haltet ihr davon? LG Benny :)

LELEE

Leo Lee

14.1.2024, 10:51:17

Hallo Benny0707, vielen Dank für dien Feedback! In der Tat könnte man die Fragestellung aus den von dir genannten Gründen missverstehen, weshalb wir es entsprechend deinem Vorschlag korrigiert haben. Vielen Dank für den sehr konstruktiven Hinweis was i.Ü. überhaupt nicht kleinlich, sondern äußerst produktiv ist! Wir würden uns freuen, wenn du auch künftig uns solche Widersprüchlichkeiten mitteilen könntest, sobald Sie dir ins Auge springen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

15.1.2024, 09:38:02

@[Leo Lee](213375) danke für dein nettes Feedback. Freut mich, dass ich hilfreich sein konnte :)


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