+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Durch starke Windböen wurde ein Müllgroßbehälter auf den zu Arbeitsbeginn im Betriebshof abgestellten Pkw der Arbeitnehmerin A geschoben, wodurch ihr Wagen stark demoliert wurde. Die Radbremsen des Müllcontainers waren angezogen. Weitere Sicherungsmaßnahmen hatte Chefin C trotz öffentlicher Sturmwarnung nicht unternommen.
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Einordnung des Falls
Beschädigung des Autos des Arbeitnehmers durch Müllcontainer
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A könnte gegen C einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB haben.
Ja!
Der Schadensersatzanspruch wegen Schutzpflichtverletzung setzt voraus, dass (1) ein (rechtsgeschäftliches oder gesetzliches) Schuldverhältnis besteht, (2) der Schuldner eine Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat, (3) er die Verletzung zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB) und (4) dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist.
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2. Es liegt bereits dann eine Schutzpflichtverletzung vor, wenn die Arbeitgeberin nicht jede Schädigung ihrer Arbeitnehmerinnen ausgeschlossen hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
Die Arbeitgeberin hat aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) das berechtigterweise in den Betrieb eingebrachte Arbeitnehmereigentum in gewissem Umfang vor Verlust und Beschädigung zu schützen. Dabei umfasst die rechtlich gebotene Verkehrssicherung diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält. Allerdings kann nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt und damit ein allgemeines Gebot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Es muss daher nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden.
3. Da C hier die Bremsen der Müllcontainer angezogen hat, ist sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen, sodass keine Pflichtverletzung vorliegt.
Nein, das trifft nicht zu!
Wenn der Arbeitgeber einen Firmenparkplatz zur Verfügung stellt, hat er für dessen Verkehrssicherheit zu sorgen. Insbesondere muss er die durch die Benutzung des Parkplatzes drohenden Gefahren für die abgestellten Fahrzeuge auf ein zumutbares Mindestmaß zurückführen. Dabei können besondere Umstände eine gesteigerte Fürsorgepflicht begründen. C hat hier zwar die Bremsen der Container angezogen, darüber hinaus sie allerdings trotz öffentlicher Sturmwarnung keine weiteren Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Es hätte aber einer Sicherung und späteren erneuten Kontrolle bedurft. Mithin liegt eine Pflichtverletzung in Form der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor.
4. A hat gegen C einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
Ja!
Zwischen A und C besteht ein Schuldverhältnis (Arbeitsvertrag, § 611a Abs. 1 BGB). C hat zudem seine Schutzpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt, indem er seinen Verkehrssicherungspflichten nicht nachkam. Diese Pflichtverletzung hat C auch zu vertreten, da sie fahrlässig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtete und somit fahrlässig handelte (§ 276 Abs. 1, 2 BGB). Schließlich ist A infolge der Demolierung des Pkw auch ein Schaden entstanden. Folglich liegen alle Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB vor.
5. Weil A den Pkw trotz öffentlicher Sturmwarnung auf dem Betriebsgelände parkte, ist der Schadensersatzanspruch wegen Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Ein Mitverschulden des Geschädigten bei der Schadensentstehung liegt vor, wenn der Geschädigte für seine Rechtsgüter eine vermeidbare Gefahrenquelle geschaffen, eine vorhandene Gefahrenquelle nicht abgestellt bzw. überwacht hat, ob sie sich konkretisiert, oder wenn er Hinweise auf das Vorhandensein einer Gefahr nicht beachtet hat, wobei stets die Umstände des Einzelfalls zu beachten sind. A hat ihren Wagen trotz öffentlicher Sturmwarnung auf Betriebsgelände abgestellt. Dabei konnte sich A allerdings darauf verlassen, dass C die sich in der Nähe befindlichen Container ordnungsgemäß gegen den Sturm sichert. Es liegt somit kein Mitverschulden vor, sodass der Schadensersatzanspruch in voller Höhe besteht.