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Gewillkürte Erbfolge
Höchstpersönlichkeit – Testierfähigkeit und formelle Höchstpersönlichkeit (Fall)
Höchstpersönlichkeit – Testierfähigkeit und formelle Höchstpersönlichkeit (Fall)
8. April 2025
3 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Die an Depressionen leidende schwerreiche E möchte ein neues Testament aufsetzen. Da sie selbst an ihrer geistigen Verfassung zweifelt, hat sie ihren gesetzlichen Betreuer B darum gebeten, das Testament zu erstellen. Nach der Durchsicht hat E das Testament mit ihrer Unterschrift versehen.
Diesen Fall lösen 82,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Höchstpersönlichkeit – Testierfähigkeit und formelle Höchstpersönlichkeit (Fall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da E unter gesetzlicher Betreuung steht, ist davon auszugehen, dass sie nicht testierfähig ist.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. E ist bis auf Weiteres als testierfähig anzusehen.
Ja!
3. Die Errichtung des Testaments durch den Betreuer ist zulässig.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Sege
14.11.2024, 16:04:28
Könnte man nicht argumentieren, dass der Erblasser hier, dadurch dass er nach Kontrolle seine Unterschrift darunter gab, das ursprünglich von dem Pfleger verfasste Testament jetzt als sein eigenes erklärt? Damit wäre mMn die Höchstpersönlichkeit gegeben. Das verfassen des Testaments könnte doch als Beratung interpretiert werden, nach der sich der Erblasser gerichtet hat. Er hätte bei der Kontrolle noch alles abändern können.

Juraddicted
1.2.2025, 11:28:57
gibt es die Möglichkeit einer Ausnahme? wenn zB jemand nicht mehr schreiben kann? darf man einer Maschine oder einem Menschen den Text diktieren? wenn das geht, wieso darf man (wie hier), nicht durch Unterschrift den Text „sich zu eigen machen“? vielen Dank :)

Cosmonaut
6.2.2025, 19:23:17
@[Juraddicted](96780) Es braucht von diesem Grundsatz keine „Ausnahme“, da ein „ordentliches Testament“ im Sinne des Gesetzgebers bereits ein solches ist, „zur Niederschrift eines Notars“ (§ 2231 Nr. 1 BGB) gegeben wird. Diesem kann dann persönlich diktiert werden. Eine andere Zwischeninstanz ist (zum Glück) nicht gestattet. Warum zum Glück? Etwa jede dritte Familie zerstreitet sich, wenn es ums Erbe geht. Kannst du dir vorstellen, wie die Welt (und die Prozesse) aussähen, wenn unredliche Erb-Anwärter die Möglichkeit hätte der schwerreichen Oma Giesela, die ja schon ein bisschen tattrig ist, „auf die Sprünge zu helfen“? Ein Notar ist staatlich geprüft, gebildet, sachlich und neutral und damit deutlich vertrauenswürdiger und geeigneter für diese Aufgabe. Eine Unterschrift lässt sich im Übrigen viel zu einfach fälschen. Einen ganzen handschriftlichen Text im Sinne des
§ 2247 BGBist nahezu unmöglich und würde von jedem Handschrift-Gutachter erkannt. Das ist der Grund, warum es mind. eines Notars bedürfte, der die Unterschrift „notariell absegnet“. Tipp fürs Erbrecht-Lernen: Lies dir einmal die §§ 2229 ff. BGB durch (also mal wirklich so richtig ;) ); im Erbrecht kann man tatsächlich überraschend viele Fragen einfach mit dem (zugegeben manchmal etwas zu detaillierten) Gesetz beantworten.